"Laufen mit Freunden war nie verboten, wir sind ja kein Verein und auch nicht am Sportplatz." "Beim Laufen und beim Radfahren hält man Abstände doch automatisch ein. Wo ist das Problem?" "Kein Polizist stoppt einen Pulk Radfahrer!" "Wir kicken hobbymäßig auf der Wiese. Wie immer." "Unsere Trainerin steht am Streckenrand, und wir kommen einzeln vorbei." "Oida? Dein Ernst?"

Kennen Sie das? Ich schon. Deshalb stelle ich das Eingangsbimmeln meines Posteingangs ab, wenn ich in dieser Kolumne die Regeln für Normalo-Sport (und im Speziellen fürs Laufen) nur streife. Denn das bloße Erwähnen der Covid-Verordnungen spornt allem Anschein nach dazu an, sich zu äußern.

Foto: thomas rottenberg

Grosso modo lassen sich die Kommentare in drei Gruppen einteilen: Berichte über nicht nachvollziehbare Grotesken zum Beispiel. Etwa über für alle offene, überrannte, Betontennisplätze (hier: Donaupark) auf denen Trainerstunden gegeben werden, während das auf den gleich danebenliegenden, gepflegten Privat- und Vereinshartplätzen verboten ist – und etliche Freiluftplätze deshalb unbespielt bleiben. Meldungen und Beschimpfungen der Kategorie "Schlagt den Boten": so als wäre ich für die Verbote verantwortlich. Oder würde Absurditäten (siehe Tennisplätze) gutheißen, weil ich von ihnen erzähle.

Doch den Hauptteil machen Wortmeldungen aus, aus denen eines klar hervorgeht: Der oder die Absender*in hat keine Ahnung, was erlaubt ist – und was nicht.

Das passt auch ins Bild unterwegs: Wenn ich Sportler*innen (erkennbar) im öffentlichen Raum fotografiere, frage ich. Und stelle oft fest: Kaum jemand weiß wirklich, ob das, was da getan wird, regelkonform ist – oder nicht.

Foto: thomas rottenberg

Auch wenn es meistens egal ist. Weil klar ist, dass Sport, erst recht im Freien, weniger Teil des Problems als Teil der Lösung ist: das Staunen, dass das, was man tut, richtig teuer werden könnte, ist dann umso größer. Und echt: "Die Polizei fährt vorbei und schaut uns zu", schrieb mir am Sonntag eine Kampfsportlerin. Sie hatte sich über ein von mir auf Social Media gestelltes Bild ihres Vereins beim Training gefreut – und wunderte sich über meine Verwunderung: "Zu Beginn des aktuellen Lockdowns, im November, haben wir den kompletten Trainingsbetrieb in Parks verlegt." Und nie Probleme gehabt? "Wir halten uns outdoor an alle Regeln." Die Frau meint das ernst.

Trotzdem: Auch wenn hier wohl nicht im mittelgrauen, sondern im dunkelschwarzen Bereich trainiert wird, finde ich es gut, dass draußen so trainiert wird. Aber auch ein bissi, äh, "mutig".

Aber vor allem ist es nach einem Jahr Corona und gefühlt 370 Jahren Lockdown und Alltagseinschränkungen für mich seltsam, dass es tatsächlich noch Menschen gibt, die glaubhaft versichern, das Grundgerüst der Sportregeln nicht zu kennen.

Foto: thomas rottenberg

Aber ich bin kein Jurist. Darum bat ich meinen Lauf- und Vereinskumpel, den Rechtsanwalt Stefan Langer, ein paar grundlegende Fragen wieder einmal auch für Nichtjuristen verständlich zu beantworten.

Stefan ist seit 25 Jahren Anwalt. Spezialisiert auf Konsumentenschutz und Insolvenzrecht in einer Wiener Kanzlei. Corona machte ihn zum Sport-&-Covid-Verordnungs-Forensiker. Der Finisher von mittlerweile 21 Marathons, der soeben in seiner Altersklasse die virtuelle 5-k-Serie des Bratislava-Marathons gewonnen hat, ist auch Mastermind des "Weekly Long Runs" – des vermutlich größten wöchentlichen Wiener Gratis-Gruppenlauftreffs. (Den es derzeit natürlich nicht gibt.)

Aber zur Sache. Zu einer (möglichst einfach, für Juristen also eventuell mitunter "unscharf" formulierten) Auffrischung der Lauf- und Sportregeln für den Normalo-Sport. Regeln, die "eh klar" sind – gerade weil "eh klar" anscheinend doch nicht klar ist.

Eines noch: Wir beantworten Fragen. Das heißt aber nicht, dass wir die Antworten immer nachvollziehen oder gar gutheißen. Oder den Sinn und die Logik dahinter verstehen. Und: Die oft anderen Regeln für Spitzensportler und die seit 15. März in Vorarlberg geltenden Lockerungen klammern wir aus.

Foto: Langer

Wann und wo darf ich laufen?

Laufen darf man rund um die Uhr. Die in der Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung enthaltene "Ausgangsregelung" (Beschränkung von 20 bis 6 Uhr) sieht nämlich eine Ausnahme für den "Aufenthalt im Freien … zur körperlichen und psychischen Erholung" vor. Damit ist beispielsweise Laufen und Spazierengehen gemeint.

Mit wem? Mit wem nicht? Zu wievielt?

Da wird es kompliziert. Weil es zwei Arten von erlaubten Kontakten gibt: erstens mit Personen im gemeinsamen Haushalt und mit anderen, ganz bestimmten Personen. Die Verordnung nennt den Kontakt mit dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner, einzelnen engsten Angehörigen, das sind Eltern, Kinder und Geschwister, und "einzelnen wichtigen Bezugspersonen". Diese Kontakte sind wieder als Ausnahme von der Ausgangsregelung formuliert und in der Zeit von 20 bis 6 Uhr zulässig. Man kann gemeinsam laufen gehen oder einen anderen, erlaubten Sport machen: Es dürfen maximal zwei Haushalte vertreten sein und aus einem dieser Haushalte nur eine Person. Beispiel: Eine Familie wohnt zu fünft und geht, sagen wir, mit einem schon woanders wohnenden Kind laufen.

Das sind sechs Personen, aber 5 + 1 und damit okay. Ein Elternteil will mit beiden schon ausgezogenen, aber jeweils woanders wohnenden Kindern laufen: drei Personen, drei Haushalte – nicht in Ordnung.

Foto: Langer

Ist also ein Laufbuddy eine "Bezugsperson"?

Die Verordnung spricht von "einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich physischer oder nicht physischer Kontakt gepflegt wird". Da prallen Theorie und Praxis hart aufeinander. Darüber, was als "nicht physischer Kontakt" reicht, kann man streiten, zum Beispiel wenn der Kontakt nur in belanglosen Whatsapp-Nachrichten besteht. Wenn der Bezug zu dieser Person überhaupt nur darin besteht, dass man gemeinsam laufen geht, ist das in dem Sinn keine wichtige Bezugsperson.

Natürlich kann der Laufbuddy auch eine wichtige Bezugsperson sein, wenn es die beste Freundin oder der beste Freund ist und man den Kontakt auch beim Laufen pflegt. "Einzelne" heißt aber, dass man nur ganz wenige solche Bezugspersonen haben kann und nicht zum Beispiel für jeden Lauf eine.

(Im Bild: Stefan Langer mit seinem Sohn Nikolaus – gleicher Haushalt – und seinem Bruder Felix.)

Foto: Langer

Gibt es noch andere Ausnahmen?

Ja, es gibt noch eine zweite Ausnahme vom sogenannten "Veranstaltungsverbot". Unter einer Veranstaltung würde man sich als Laie nicht unbedingt gemeinsames Laufen vorstellen. Aber nach der Verordnung gelten geplante Zusammenkünfte und Unternehmungen zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung als Veranstaltung – und Veranstaltungen sind grundsätzlich verboten.

Es gibt Ausnahmen. Eine sind "Zusammenkünfte von nicht mehr als vier Personen, wobei diese nur aus zwei verschiedenen Haushalten stammen dürfen, zuzüglich deren minderjähriger Kinder oder Minderjähriger, denen gegenüber eine Aufsichtspflicht besteht, insgesamt höchstens jedoch sechs Minderjähriger".

Das ist von 6 bis 20 Uhr erlaubt, solange das Limit eingehalten wird: Zwei Paare, die jeweils zusammenwohnen, dürfen gemeinsam laufen gehen (2 + 2), drei Leute aus einem Haushalt mit einer beliebigen anderen Person (3 + 1, 2 Haushalte), nicht aber drei Leute aus drei unterschiedlichen Haushalten.

Foto: thomas rottenberg

Wie ist das mit dem Abstand zu Laufpartnern? Und zu Passanten?

Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Davon gibt es für die freie Wildbahn, außerhalb von Sportstätten, keine Ausnahmen: Der Abstand gilt gegenüber Laufpartnern, Passanten und beim Radfahren gleichermaßen. Dass er in Wien kaum eingehalten werden kann, weil viele Gehsteige oder Wege gar nicht so breit sind, steht auf einem anderen Blatt.

Darf ich also mit 2,5 Metern Abstand mit (m)einer Gruppe unterwegs sein?

Nein, weil die Gruppe trotzdem eine "geplante Zusammenkunft" und damit eine Veranstaltung ist. Wenn die Höchstzahlen überschritten werden, die ich vorher beschrieben habe, ist die Gruppe nicht erlaubt.

Und wenn wir einander zufällig treffen? Muss ich die Richtung ändern, wenn ich einen Kumpel zufällig treffe und wir den gleichen Weg haben, aber neben Fremden darf ich laufen?

Verboten ist "Geplantes". Wenn ich jemand zufällig treffe, ist das nicht geplant. Wenn ich allein laufe und nur einen Kumpel treffe, hätte ich mich mit ihm von 6 bis 20 Uhr sogar geplant verabreden dürfen (weil maximal vier Personen / zwei Haushalte). Von 20 bis 6 Uhr müsste man so einen "Zufall", also dass man nicht geplant hatte, einander zu treffen, der Polizei auch glaubhaft machen können, wenn man kontrolliert wird. Das kann schwierig werden.

Foto: Thomas Rottenberg

Darf ich mit meinem Trainer auf der Hauptallee laufen?

Wenn ihr zu zweit seid zwischen 6 bis 20 Uhr: kein Problem. Zwei Leute können nicht aus mehr als zwei Haushalten sein, daher ist das erlaubt. Trotzdem: zwei Meter Abstand. Auf dem Sportplatz gelten Sonderregeln für "Sportstätten". Dort darf seit 15. März der Mindestabstand von zwei Metern "kurzfristig" unterschritten werden. Wenn man weniger als zwei Meter nebeneinander läuft, hält man diese Vorgabe nicht ein, weil das ist nicht kurzfristig.

Und wenn er am Streckenrand steht und ich und andere immer wieder vorbeikommen?

Wenn nur Du und Dein Trainer dort sind, seid Ihr tagsüber im Vier-Personen- / Zwei-Haushalte-Limit. Wenn andere alle paar Minuten vorbeikommen, bleibt es eine organisierte Zusammenkunft aller dieser Personen: verboten. Man könnte argumentieren, dass immer nur der Trainer und eine Person zusammenkommen und es daher viele Einzelveranstaltungen wären, aber das wäre nicht der Zweck der Regelung.

(Anmerkung: Das Bild zeigt drei nicht im gleichen Haushalt lebende Spitzenathleten mit ihrem Trainer. Was die vier tun, ist also legal. Bei Ihnen und mir wäre es das nicht.)

Foto: thomas rottenberg

Wie ist das mit Kindern/Jugendlichen? Dürfen die wieder alle und alles trainieren?

Für Kinder und Jugendliche gilt seit 15. März: Erlaubt sind Zusammenkünfte zum Zweck der Ausübung von Sport im Freiluftbereich, bei dessen Ausübung es nicht zu Körperkontakt kommt, von nicht mehr als zehn Personen, die das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben, zuzüglich maximal zwei volljähriger Betreuungspersonen.

Nur auf Vereinsbasis? Nur am Sportplatz?

So, wie die Ausnahme formuliert ist, muss man weder beim Verein sein noch darf man nur am Sportplatz, der Sportstätte, Sport betreiben. Also auch ohne Verein und auf der grünen Wiese.

Wichtig ist: Es darf zu keinem Körperkontakt kommen. Man darf jetzt im Nachwuchs wieder Gruppentraining, zum Beispiel für Fußball machen, aber nur Übungen, bei denen es nicht zu Körperkontakt kommt. Dabei darf man seit 15. März den Zweimeterabstand kurzfristig unterschreiten. Ein echtes "Kickerl" ist also auch für Kinder weiter nicht erlaubt, egal wo.

Foto: thomas rottenberg

Wie viele Kids und bis zu welchem Alter dürfen gemeinsam Sport machen?

Maximal zehn, und die dürfen keine 18 Jahre alt sein. Das sorgt für Probleme. Zum Beispiel im Nachwuchsfußball sind die Mannschaften nach Geburtsjahrgang eingeteilt. In der U18 dürfen die Spielerinnen und Spieler in dieser Saison also nicht älter als Geburtsjahrgang 2003 sein. Ein Teil ist aber schon 18, ein Teil noch nicht. Nur die 16- oder 17-Jährigen dürfen mittrainieren. Wer 18 wird, scheidet aus.

Muss ich Trainer sein, oder dürfen auch Eltern eine Kinder-/Jugendgruppe anleiten? Dürfen mehrere Gruppen nebeneinander trainieren?

Es ist nur von volljährigen Betreuungspersonen die Rede. Echte Trainer müssen sie nicht sein. Und: An einem Veranstaltungsort dürfen mehrere Zusammenkünfte gleichzeitig stattfinden, sofern die Höchstzahlen von 10 + 2 Betreuern pro Zusammenkunft nicht überschritten wird und durch organisatorische Maßnahmen, räumliche oder bauliche Trennung oder zeitliche Staffelung eine Durchmischung ausgeschlossen wird. Also man kann auf einem Fußballplatz auch mehrere Kleingruppen trainieren lassen, eine Durchmischung darf sich aber auch nicht in den Kabinen oder sonst wo ergeben.

Foto: thomas rottenberg

Gibt es Wettkämpfe & Bewerbe für Kids?

Da "Zusammenkünfte zum Zweck der Ausübung von Sport im Freiluftbereich" erlaubt sind, darf man in diesem Rahmen auch Wettbewerbe durchführen. Erlaubt ist nicht nur das Training.

Wie ist das mit Laufbewerben für Erwachsene? Es gibt ja auch virtuelle Wettkämpfe, bei denen dann Dutzende mit Startnummer auf der Hauptallee rennen.

Ein echter Laufbewerb ist eine geplante Zusammenkunft, also eine Veranstaltung, und somit verboten. Ein virtueller Wettkampf, wo jede und jeder für sich läuft, wo man will, ist keine "geplante Zusammenkunft" und also okay. Dass bei solchen Läufen an Hotspots viele Leute laufen, lässt sich nicht verhindern. Für Verabredungen zum Laufen und zum Sport gelten die Limits, von denen schon vorher die Rede war.

Foto: thomas rottenberg

Verstehst Du, dass Nichtjuristinnen und Nichtjuristen das nicht verstehen?

Ich verstehe dieses Problem sehr gut. Wir sind ja beim Team Ausdauercoach (www.ausdauercoach.at) im selben Laufverein. In unserem Verein gibt es auch Richter, Höchstrichter, einen Jus-Universitätsprofessor und andere Juristen. Die Verordnungen wurden seit dem ersten Lockdown ungefähr 20-mal geändert. Ich habe mich mit diesen Topjuristen bei vielen dieser Novellen zusammengeredet, um aufzuarbeiten, was gerade gilt – und wir waren uns nicht einmal intern immer einig. Wie soll das ein Nichtjurist verstehen?

Viele Fragen sind umstritten, auch ob wirklich alles verfassungskonform ist. Man kann natürlich versuchen, den Instanzenzug durchzufechten, wenn man eine Strafe bekommen hat. Aber den meisten Leuten ist es verständlicherweise lieber, sich diesen Aufwand zu ersparen.

Foto: Kim White

"Was rätst du also?"

Ich rate allen, vorsichtig zu sein und diese Regeln zu respektieren, auch wenn man den Sinn von Beschränkungen im Freiluftbereich nach den bisherigen Erfahrungen mit den Ansteckungsrisken nicht immer nachvollziehen kann. Bei Verstößen drohen doch saftige Verwaltungsstrafen, und die Polizei kontrolliert an manchen Orten nicht wenig. (Tom Rottenberg, 16.3.2021)


Anmerkung: Dieser Text ist ganz bewusst für Nichtjuristinnen und Nichtjuristen geschrieben. Rechtskundige Personen könnten (und werden) darin daher eventuell auch Unschärfen entdecken. Wer den aktuell (Stand 16. März, Vormittag) gültigen Stand der Verordnung genau nachlesen will, findet die "konsolidierte Fassung der 4. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 111/2021" inklusive der seit 15.3.2021 geltenden Neuerungen/Änderungen hier: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20011470

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Foto: thomas rottenberg