Die ursprüngliche Version des "Wochenblick"-Artikels ist noch via Google-Cache zu finden.

Foto: Screenshot/wochenblick.at

Mit welchen Methoden der FPÖ-nahe Medium "Wochenblick" aus Oberösterreich agiert und gegen die Corona-Maßnahmen sowie gegen die Impfung agitiert, wollte eine Kritikerin der Blattlinie testen. Sie schickte dem Medium Anfang März ein Mail, dass sie als Behindertenbetreuerin in Niederösterreich arbeite und die Menschen in Behindertenheimen überredet würden, sich impfen zu lassen.

In dem Mail, das dem STANDARD vorliegt, schildert sie, dass einer der Bewohner "einen Tag nach der Impfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff einen epileptischen Anfall erlitt, obwohl er diesbezüglich überhaupt nicht vorbelastet war". Unmittelbar danach verstarb er an einem Herzinfarkt, schrieb sie: "Meine Bedenken wegen eines eventuellen Zusammenhangs zwischen Pauls Tod und der Impfung wurden von der Pflegeleitung abgetan, und ich wurde angewiesen, meinen Mund zu halten und meine Arbeit zu verrichten." Aus diesem Grund habe sie sich an den "Wochenblick" gewandt. In der Hoffnung, dass dieser die Geschichte aufgreifen würde. Geschrieben, getan.

Impfgeschichte ungeprüft übernommen

Wenige Tage nach dem Mail landete ihre Nachricht am 13. März auf wochenblick.at in einem Artikel mit dem Titel "Behindertenheim: Dreiste Propaganda für Corona-Impfung". Veröffentlicht wurden die Informationen zum Großteil wortwörtlich ohne Rückfrage bei der Absenderin oder einen Gegencheck, ob die Geschichte stimmt – und versehen mit dem Satz: "Tragischer Weise erreichen uns immer mehr solcher Berichte und Schicksale, auch aus Einrichtungen für psychisch Kranke." Ihre Schilderung zur Impfung stimme von vorne bis hinten nicht, sagt die Absenderin zum STANDARD. Sie wollte nur testen, mit welchen Methoden ein Medium wie der "Wochenblick", der neben "Info-Direkt" als mediale Speerspitze der Corona-Verharmloser auftritt, arbeitet.

Nachdem sie das Vorgehen des "Wochenblick" auf Facebook thematisiert habe, wurde der ursprüngliche Artikel dahingehend geändert, dass die Schilderung des vermeintlichen Todesfalls rausgelöscht wurde. Die Behindertenbetreuerin, die dem "Wochenblick" von einem Impfdruck berichtet habe, ist geblieben. Am Ende des Artikels wurde später eine "Richtigstellung der Redaktion" eingefügt, dass das Medium einer "GEZIELTEN Falschinformation" aufgesessen sei, der Grundtenor des Artikels aber stimmen würde.

"Wochenblick" sucht "Erfahrungen mit Todesfällen"

Zuvor hatte der "Wochenblick" etwa auf der Plattform Telegram dazu aufgerufen, dass ihnen Leserinnen und Leser ihre Erfahrungswerte schicken sollten: "Sind Sie aus Österreich und haben auch Erfahrungen mit Todesfällen nach der Corona-Impfung in Ihrem unmittelbaren Umfeld gemacht? (...) Schildern Sie uns Ihre Erfahrungen (....)".

Der "Wochenblick" wurde im Jahr 2020 zweimal vom österreichischen Presserat aufgrund eines Ethikverstoßes gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse gerügt. Einmal weil das Medium den Extremismus-Experten und Grün-Politiker Thomas Rammerstorfer in einer Bildmontage fälschlicherweise als kränklich dargestellt hatte – der STANDARD berichtete über den Fall. Ramstorfers Augen wurden nachträglich gerötet. Der "Wochenblick" erhielt 2020 aus dem Corona-Sondermedienförderungstopf der türkis-grünen Regierung eine Förderung in der Höhe von 34.398 Euro. (omark, 16.3.2021)