Johann Fuchs, Wiener Oberstaatsanwalt, gerät immer stärker unter Druck.

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Die Abgeordneten staunten nicht schlecht, als Johann Fuchs vergangene Woche im U-Ausschuss aussagte. Dort räumte der Wiener Oberstaatsanwalt ein, Justizsektionschef Christian Pilnacek über Zwangsmaßnahmen informiert zu haben, obwohl dieser gar nicht mehr zuständig gewesen war. Gerade in "clamorosen Fällen" müsse die Ressortspitze schnell über wichtige Verfahrensschritte informiert werden, argumentierte Fuchs. Nun hat er Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und eine Disziplinaranzeige am Hals.

Den Austausch mit Pilnacek erklärte Fuchs damit, dass er ihn als "Experten" schätze. Einen strafrechtlichen Rat hätte der erfahrene Jurist allerdings kaum gebraucht. Der gebürtige Niederösterreicher und Wahlburgenländer ist Staatsanwalt durch und durch. Seine Justizkarriere begann er 1993 in Wien. Nach Stationen in Eisenstadt und Wiener Neustadt arbeitete Fuchs ab 2011 bei der damals noch jungen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), zuletzt als deren stellvertretender Leiter.

Zwei Jahre als Korruptionsermittler reichten ihm. 2013 kehrte der als ruhig, besonnen, aber auch karrierebewusst beschriebene Jurist nach Eisenstadt zurück. Dort musste er sich im August 2015 mit dem wohl belastendsten Fall seiner Karriere befassen – dem Fund von 71 toten Flüchtlingen in einem Kühltransporter in Parndorf. Die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien übernahm Fuchs im September 2018. Interesse am Job sagte man damals auch Ilse Vrabl-Sanda nach, der nunmehrigen Chefin der Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Justizbehörde gegen Justizbehörde

Dass einmal mehr eine Justizbehörde gegen eine andere ermittelt, ist man in Österreich gewohnt. Auch Fuchs hat Erfahrung damit: 2019 erstattete er gemeinsam mit Pilnacek nach einer lautstarken Dienstbesprechung Anzeige gegen fünf Staatsanwälte der WKStA, darunter Vrabl-Sanda.

"Clamoros", aus dem Lateinischen stammend, bedeutet übrigens so viel wie "laut", "lärmend" und "aufsehenerregend" – Charakterzüge, die dem in der Kollegenschaft als sympathisch und ausgeglichen geltenden Fuchs nicht zugeschrieben wurden. Dieser habe aber auch andere Seiten, heißt es. Er spreche aus, was er will, und sei bereit, eigene Interessen mit Vehemenz durchzusetzen.

Seit Dienstag steht an seiner Weisungsspitze wieder Justizministerin Alma Zadić. Und das Ministerium handelte: Der "clamorose Fall" Fuchs liegt nun beim Obersten Gerichtshof, der über die Disziplinaranzeige entscheidet. (Jakob Pflügl, 16.3.2021)