Fast die Hälfte aller Insekten sind nachtaktiv, künstliches Licht beeinflusst aber auch das Verhalten ihrer tagaktiven Verwandten.

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Künstliches Licht in der Nacht stört nachtaktive Insekten beim Bestäuben von Blüten, das ist schon lange bekannt. Ein Forscherteam aus der Schweiz hat nun in einem Experiment auf Naturwiesen herausgefunden, dass Lichtverschmutzung auch in die Betäubungsmuster tagsüber eingreift. Der durcheinandergeratene Hell-Dunkel-Rhythmus kann auch dazu führen, dass Blüten tagsüber seltener besucht werden. Die ökologischen Folgen der Lichtverschmutzung seien nicht ausreichend erforscht, schreiben die Forscher im Fachblatt "Nature Communications".

Die Wissenschafter um die Ökologin Eva Knop von der Universität Zürich und dem Schweizer Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung Agroscope untersuchten in einem Feldversuch, wie Lichtverschmutzung den Tagesrhythmus der Insekten durcheinanderbringt. Dabei zeigte sich kein einheitliches Bild: Einige Pflanzenarten auf den künstlich beleuchteten Flächen wurden seltener, andere öfter und wieder andere gleich häufig besucht. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass künstliches Licht in der Nacht je nach Pflanzenart die Anzahl der Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen während des Tages verändert", sagte Knop.

Unklare Auswirkungen

Für ihr Experiment beleuchtete das Team sechs Naturwiesen mit Straßenlaternen, sechs waren nur natürlichem Licht ausgesetzt. Die Forscher konzentrierten sich auf 21 Pflanzenarten und die Insektengruppen der Zweiflügler, der Hautflügler und der Käfer, wie die Uni Zürich mitteilte. Insgesamt beobachteten sie 2.384 Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen. Demnach veränderte sich bei rund zwanzig Prozent der untersuchten Pflanzenarten die Zahl der tagsüber empfangenen Besuche.

Bei den Pflanzen mit gleich häufigen Interaktionen zeigte sich, dass auf den nachts beleuchteten Flächen andere Insekten die Blüten besuchten als auf den dunklen Wiesen. Zum Beispiel wurde der Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum) von den Zweiflüglern gemieden, die Käfer wurden eher angezogen. Auch bei der Flockenblume (Centaurea sp.) und der Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris) beobachteten die Forscher ähnliche Muster.

Dies könnte die Qualität der Bestäuberleistung verändern, wie die Forschenden in der Studie schreiben. "Die ökologischen Folgen der Lichtverschmutzung sollten stärker erforscht und Maßnahmen entwickelt werden, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu verhindern", sagte Kopp. So könne beispielsweise die öffentliche Beleuchtung in Kombination mit neuen Technologien sorgfältig geplant und auf ein Minimum reduziert werden. (red, APA, 17.3.2021)