Sehnsucht nach Thailand: Süße Pancakes mit Faschiertem und Würstel, Wrap mit Huhn und süßem Curry, dazu Eiskaffee.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Schank und der Wandverbau aus kunstvoll (aber halt schwerfällig altdeutsch) gedrechseltem Holz, die alten Kaffeehaustische, der beige Klinkerboden aus den Tiefen der 1970er-Jahre: Wer dachte, dass diese vorstädtische Kaffeehauseinrichtung mit dem Zusperren des Café Rabl in der Schweglerstraße und dem darauffolgenden Verkauf an die Betreiber des nebenan boomenden Super-Thais All Reis auch verschwinden würde, der lag ursprünglich nicht falsch.

Genau das war nämlich geplant: Zum köstlichen Thai, vor dem sich schon vor dem Lockdown stets lange Schlangen bildeten, sollte durchgebrochen und endlich ein Ventil für den Druck gefunden werden, der sich da jeden Tag aufs Neue von der Straße her gegen das viel zu kleine Restaurant aufbaute.

Nur sind die zwei Lokale zwar nebeneinander, aber in verschiedenen Häusern. Eine Verbindung wurde amtlicherseits nicht genehmigt, womit Frau Suwantha, die auch den Thai-Shop vis-à-vis betreibt, plötzlich noch ein Lokal im selben Häuserblock an der Hand hatte.

Was also tun mit dem doch eher angesandelten Vorstadtcafé? Dem Vernehmen nach musste, sobald die Instanzen mit endgültig unerfreulichem Ergebnis durchlaufen waren, nicht lang nachgedacht werden: Das Café sollte Café bleiben. Nur halt auf Thai-Art, und mit Thai-Kaffee.

Der süße Braune

Der heißt "Uncle Kan", wird im Norden des Landes, nahe der Grenze zu Laos, geerntet und in der Stadt Khao Kho geröstet und verpackt. Das Ergebnis ist durchaus beeindruckend: nicht zu kräftiger, gleichwohl aber wunderbar zartbitterer, ziemlich schokoladiger Espresso, kraftvoll geröstet, angenehm zurückhaltend in der Säure.

So wird er in Thailand aber eher wenig getrunken, speziell im Vergleich zu "Oliang". Das süße, heiß über ein Seidl Eiswürfel abgeseihte Getränk wird aus gemeinsam gerösteten, grob gemahlenen Kaffee- und Sojabohnen sowie Mais gebrüht und mit Milchschaum getoppt. Sehr erfrischend, macht auf die Dauer richtig kalt.

Das trifft auch auf die Frappés aus Fruchtmark, Zucker, Joghurt, Milch und ganz viel Eis zu, die als sauerfruchtiger Slush aus dem beständig röhrenden Hamilton-Beach-Mixer kommen. Für den Sommer, wenn man vielleicht wirklich wieder wo sitzen wird dürfen, verspricht das ein richtig kühlender Ort zu werden.

Das Essen ist dann doch sehr fremd für hiesige Vorstellungen von dem, was zum Kaffetschi passt. Zuckersüße, palatschinkendünne Pancakes ("Khanom") zum Beispiel, etwa mit Schweinsfaschiertem, Mais und Jungzwiebel gefüllt.

Die sind so abgeschmeckt, dass die Zwiebel nur dezent im Nachhall mitschwingt: zuckersüße Pancakes mit süßem Fleisch – mal was Neues zum Kaffeekränzchen. Die Extremversion hat dann zusätzlich noch ein Cocktailwürstel mit in den Süßfladen gepackt, für Hardcore-Fans der Miniwürstchen.

Die Curry-Torte

Jok, die Thai-Variante der Congee, gibt es auch: der Reisschleim lauwarm, mit perfekt weichem Ei, frischem Ingwer, Jungzwiebel und knackigen Shrimps oder würzigen Fleischbällchen getoppt, ein ideales Katerfrühstück, zu dem der Thai Gobie, Espresso mit Kondensmilch, trinkt.

Chili, Zucker und Chili-Essig zum Jok-Abschmecken sind in kleinen Briefchen beigepackt. Sate-Wrap mit Tofu oder Huhn ist eine Entwicklung des Hauses, mit wildaromatischer Salsa, die abermals mit Süße betört. Schaut ein bissl aus wie eine Cremetorte, geht auch voll ab.

Frau Suwantha wundert sich ein wenig, wie begeistert diese für Eurogaumen doch eher ungewöhnlichen – und wenig eingelernten – Süßspeisen der fleischigen Art gerade bei der Wiener Kundschaft einschlagen.

Andererseits: So viel McDonald’s wie bei uns wird fast nirgends auf der Welt verdrückt. Kann es sein, dass die auf Süßfleisch abfahrenden jungen Oliang-Fans einfach ausstiegswillige Mäci-Opfer sind? Soll uns nix Schlechteres passieren! (Severin Corti, RONDO exklusiv, 26.3.2021)

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