Die Maniküre gehörte in China bereits seit dem 7. Jahrhundert zum kaiserlichen Lebensstil.

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Sie sind das Überbleibsel von dem, was wir in der Tierwelt als Hufe, Klauen oder Krallen kennen – die Fingernägel. Doch auch wenn ihr Zweck sich kaum von dem ihrer animalischen Äquivalente unterscheidet, reichten die Hornplatten, die die Natur ihm gab, dem Menschen schon früh nicht aus.

Wie so oft war es auch hier die ägyptische Herrscherin und Trendsetterin der Antike, Kleopatra, die als eine der Ersten mit falschen Fingernägeln experimentierte. Sie soll künstliche Nägel aus Porzellanpulver getragen haben, die mit einer Haftflüssigkeit an den Naturnägeln befestigt und anschließend farbig bemalt wurden. Ihre Lieblingsfarbe hierbei war wenig überraschend: Rot. Auch Nofretete oder Marilyn Monroe teilten ihre farbliche Vorliebe.

Maskuline Maniküre

Bei der Dekoration der körpereigenen Schutzvorrichtungen für die sensiblen Fingerkuppen bewies auch die Oberschicht des Reichs der Mitte einiges an Einfallsreichtum. Etwas mehr als ein Jahrtausend später erlebten Kunstnägel eine Hochphase im China des 14. bis 17. Jahrhunderts, während der Zeit der Ming-Dynastie.

Die Maniküre gehörte in China bereits seit dem 7. Jahrhundert zum kaiserlichen Lebensstil. Lange Fingernägel galten als ein Zeichen dafür, dass man Handarbeit offensichtlich nicht nötig hatte. Während sich die Nagelkunst bis dahin allerdings auf das Färben und Bemalen der Fingernägel beschränkt hatte, wurden während der Ming-Dynastie Kunstnägel populär – und zwar speziell bei den Männern der Oberschicht. Sie verstärkten ihre Nägel mit Seide, Reispapier und zermahlenem Porzellan.

In späteren Jahrhunderten wurden in China zudem ausgefallene Nagelprotektoren populär, welche wie Fingerhüte aufgesetzt und mit Gold, Silber und Edelsteinen verziert waren. Sie wurden meist als Paar getragen, etwa am kleinen Finger und am Ringfinger.

Vergleichsweise natürlich mutet dagegen ein Kunstnageltrend aus dem Griechenland des 19. Jahrhunderts an – dort trugen Frauen der Oberschicht leere Pistazienschalen auf den Fingernägeln. Obwohl heute ein aufgrund der Recyclingkomponente durchaus vielversprechender Ansatz, setzten sich die Pistazienprothesen nicht durch.

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Schauspielerin Cynthia Erivo bei den Oscars 2021.
Foto: Reuters

Plastik statt Pistazien

Eine Prothese der ganz anderen Art war es schließlich, die durch Zufall am Anfang der modernen Kunstnägel stand. Diese gehen auf eine Erfindung des Chemikers Fred Slack zurück. Slack entwickelte eigentlich Zahnprothesen – und kam 1954 nach einer Nagelverletzung auf die Idee, den Fingernagel künstlich mit Acryl zu verstärken.

Ein Einfall, welcher den Grundstein für die rasante Verbreitung der modernen falschen Fingernägel legte. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich daraufhin eine beeindruckende Bandbreite an Materialien und Techniken zur künstlichen Verlängerung der Nägel. Neben Acryl kam anfangs noch Fiberglas zum Einsatz, heute sind dagegen besonders Gelnägel eine populäre Alternative. Porzellan, Papier und Pistazien sucht man in den allermeisten Nagelstudios dagegen vergeblich. (Antonia Rauth, RONDO exklusiv, 27.4.2021)