Schriftsteller Franzobel kocht viel mit Gemüse.

Foto: Katharina Gossow; Location: Brunnenmarkt

Der Ort

In den letzten 20 Jahren habe ich stets in Marktnähe gewohnt. Zuerst unweit des Naschmarkts, dann beim Karmelitermarkt und jetzt ums Eck vom Brunnenmarkt in Ottakring. Ich kaufe fast jeden Samstag hier ein. Es ist wie ein kleiner Urlaub, man wähnt sich in Istanbul oder Algerien. Ich mag die Vielfalt.

Der Einkaufszettel

Es gibt einige Dinge, die man nur am Markt bekommt. Hamsi zum Beispiel, das sind Sardellen. Safran kaufe ich ebenfalls hier. Der ist viel günstiger als im Supermarkt. Hingegen haben wir zwei Wochen versucht, ein Bio-Huhn hier zu kaufen, das war unmöglich. Beim Label "Bio" bin ich aber vorsichtig. Mir ist lieber, ich kenne den Bauern persönlich und weiß, wie der arbeitet. Natürlich ist es ein Privileg, sich hochwertiges Fleisch leisten zu können. Ein Hilfsarbeiter mit vier Kindern kann kaum Discountware vermeiden.

Das Menü

Fleisch gibt’s bei mir zu Hause vielleicht einmal alle zwei Wochen. Ganz darauf verzichten möchte ich aber nicht. Ich esse viel Fisch. Der wird ja oft in Behältern gehalten. Ich trau mich nie, nach der Herkunft zu fragen. Dazu schmeckt er mir zu gut. Ich koche auch viel mit Gemüse. Die Bandbreite meiner Speisekarte reicht von Hausmannskost bis zu Gerichten mit asiatischem Einschlag. Während der Pandemie hat sich mein Repertoire erweitert. Paella und Tarte Tatin sind zum Beispiel dazugekommen.

Die Erinnerung

Essen war schon immer wichtig in meiner Familie. Man saß für Mahlzeiten zusammen, sie haben den Tag strukturiert und Gespräche beeinflusst. "Hast du schon gegessen? Was gibt es morgen?" Mit meiner Heimat Oberösterreich verbinde ich Schweinsbraten. Anderswo bekommt den kaum jemand gut hin. Auch Innviertler Knödel, gefüllt mit Grammeln oder Selchfleisch, sind für mich typisch oberösterreichisch. Als Kind habe ich gerne Schwarzbeer-Tatscherl gegessen. Das sind Palatschinken mit Waldheidelbeeren. Und meine Oma hat mir, schon als ich erst 13 war, Pofesen mit Glühwein gemacht. Wenn ich heute meine Eltern besuche, bin ich enttäuscht, wenn meine Mutter Rezepte adaptiert. Es soll alles so schmecken wie früher.

Die Vorfreude

Eine kulinarische Entdeckung in Wien war für mich das Klee am Hanslteich. Wenn es Grund zum Feiern gibt, leiste ich mir das ab und zu. Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch. Am meisten sehne ich mich aber nach einem frisch gezapften Bier in einem Gastgarten.

(Protokoll: Michael Steingruber, RONDO exklusiv, 17.4.2021)