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Foto: AP / Douglas Healey

New York / Wien – Auf der Suche nach Mitverantwortlichen an der Opioid-Krise in den USA wollen Kläger nicht Konzernhüllen zu Schadenersatz verdonnern, sondern die Eigentümer direkt. Im Fall des US-Pharmakonzerns Purdue steht die schwerreiche Familie Sackler im Visier der Staatsanwälte.

Im Rahmen eines am Montagabend vorgelegten Vergleichspakets von über zehn Milliarden Dollar soll die Eigentümerfamilie 4,3 Milliarden Dollar beisteuern. Das wären rund 1,3 Milliarden Dollar mehr als beim vorherigen Angebot, das von vielen Klägern als zu niedrig abgelehnt wurde. Außerdem soll der Familie die Kontrolle über den restrukturierten Konzern entzogen werden, wie die "New York Times" berichtete. Künftige Gewinne des Nachfolgeunternehmens würden in die Bekämpfung der Opioid-Krise fließen, die vom populären Schmerzmittel Oxycontin angefacht worden ist.

Im Zuge der Opioid-Krise sind in den USA seit 1999 mehr als eine halbe Million Menschen durch Überdosen von Schmerzmitteln und illegale Drogen ums Leben gekommen, wie Daten des Center for Disease Control and Prevention zeigen. Purdue Pharma wird vorgeworfen, das Suchtpotenzial seiner Schmerzmittel heruntergespielt und dessen niederschwellige Anwendung bei Kunden und Hausärzten aggressiv beworben zu haben.

Gegen Purdue und die Sacklers laufen in den USA knapp 3.000 Klagen von Bundesstaaten, Landkreisen und Städten. In einem getrennten Verfahren hatte das Unternehmen im Oktober 2020 einen umstrittenen Vergleich mit der US-Regierung geschlossen, der ein Volumen von 8,3 Milliarden Dollar hat, unterm Strich jedoch viel geringer ausfallen dürfte.

Schuld eingestanden

Das Unternehmen meldete im Oktober 2020 Konkurs an, als Purdue neben dem ersten Vergleichsangebot auch seine explizite Schuld eingestand. Das Unternehmen gab zu, sich mit anderen verschworen zu haben, um Ärzte dazu zu bringen, sein Schmerzmittel ohne einen "legitimen medizinischen Grund" zu verschreiben. Dabei wurde in Kauf genommen und unzureichend darüber informiert, dass die betroffenen Mittel, ähnlich wie ihre chemischen Verwandten Heroin und Morphium, süchtig machen.

Hürden für den Vergleich

Mit dem jüngsten Vergleichsangebot sind nicht alle Kläger zufrieden. New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James sprach zwar von Fortschritten gegenüber dem ersten Entwurf, zeigte sich aber dennoch enttäuscht. Die Angehörigen der Opioid-Opfer verdienten mehr, so James. "Die Sacklers und Purdue müssen jetzt zu ihrem jahrzehntelangen Fehlverhalten und ihrer Rolle bei der Entstehung dieser Krise stehen."

Obwohl Mitglieder der Sackler-Familie rund um die Opioid-Krise nicht strafrechtlich angezeigt wurden, hat sich das US-Justizministerium einen solchen Schritt vorbehalten.

Vor kurzem einigte sich Purdues Berater, das Consulting-Unternehmen McKinsey, mit den US-Behörden auf einen Vergleich in Höhe von 600 Millionen Dollar. Dem Berater wurde vorgeworfen, die Marketingstrategie mitentwickelt zu haben, dass Opioide den Patienten dabei helfen würden, Stress zu lindern, optimistischer zu sein und sich weniger isoliert zu fühlen, der STANDARD hat berichtet. (Leopold Stefan, 17.3.2021)