Joe Biden gewann die Wahl – laut Geheimdienst gegen den Kreml.

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Geschichte wiederholt sich nicht, aber es gibt wiederkehrende Muster: Bereits nach der Präsidentschaftswahl des Jahres 2016 hatte es in den USA massive Vorwürfe gegen Russland gegeben. Moskau, so hieß es damals, habe die Wahl zugunsten des letztlich siegreichen Kandidaten Donald Trump beeinflusst. Die Wahl vom November 2020 zieht nun ähnliche Anschuldigungen nach sich – auch wenn diesmal Joe Biden gewonnen hat und nicht Trump, der vermeintliche Favorit des Kremls.

Moskau wollte laut einem Bericht aus dem Büro von US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines den Ausgang der Wahl zugunsten Trumps beeinflussen und Unfrieden im Land säen. Die Order dazu sei von höchster Stelle gekommen: Der russische Präsident Wladimir Putin und seine Regierung hätten die Maßnahmen "genehmigt und durchgeführt", heißt es in dem Bericht, der am Dienstagabend veröffentlicht wurde.

Anders als 2016, als es unter anderem darum gegangen sei, durch Hackerangriffe die Wahlinfrastruktur in den USA zu untergraben, habe Russland sich diesmal vor allem auf Desinformation konzentriert und dabei auf seinen Geheimdienst und auf Internet-Trolle gesetzt.

Ukraine-Affäre im Fokus

Eine zentrale Anschuldigung gegen Moskau betrifft ausgerechnet die Ukraine-Affäre, die 2019 Anlass für das erste Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen Präsidenten Trump gewesen war. Trump wurde vorgeworfen, im Gespräch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj finanzielle Hilfen für dessen Land an Wahlkampfunterstützung für sich selbst gekoppelt zu haben. Hintergrund war Trumps Behauptung, Joe Bidens Sohn Hunter sei in der Ukraine in krumme Geschäfte verwickelt. Dieses Motiv soll Moskau später über Vertrauensleute in der Ukraine erneut aufgegriffen haben: Laut dem US-Geheimdienstbericht hätte Russland Biden und seine Familie mit Korruption in dem Land in Verbindung bringen wollen.

Der Kreml weist die Vorwürfe entschieden zurück. Der Bericht sei "falsch, absolut unbegründet und haltlos", erklärte Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. US-Präsident Joe Biden drohte Wladimir Putin indes mit Konsequenzen: "Er wird einen Preis zahlen", sagte Biden in einem Mittwochfrüh (Ortszeit) ausgestrahlten Interview für den Sender ABC – allerdings ohne konkreter zu werden.

Aufregung um "Mörder"-Aussage

Auch noch eine andere Passage des Interviews sorgt derzeit für beträchtlichen Wirbel: Auf die Frage, ob er der Ansicht sei, dass Putin "ein Mörder ist", sagte Biden: "Das tue ich." Russland beorderte inzwischen seinen Botschafter in Washington zu Beratungen nach Moskau zurück.

Nach der Wahl 2016 hatten die Vorwürfe der Wahlbeeinflussung durch Moskau zu Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller über illegale Absprachen zwischen Trumps Team und Russland geführt. Beweise gab es damals keine, Mueller schloss aber eine Behinderung der Justiz durch Trump nicht aus. (Gerald Schubert, 17.3.2021)