Eigentlich müsste derzeit ein sehr gutes Umfeld für Gold herrschen, allerdings schwächelt die Preisentwicklung des Edelmetalls bereits seit mehr als einem halben Jahr. Dabei gilt Gold langfristig als gute Absicherung gegen Inflationssorgen, die in den vergangenen Wochen erstmals seit Jahren ernsthaft aufgekocht waren. Taugt es etwa in dieser Funktion nicht mehr – oder wurde es bereits von der Kryptowährung Bitcoin abgelöst? Diese gilt unter Anlegern als digitales Gold und stürmte zuletzt von Rekord zu Rekord.

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Taugt Gold als Inflationsschutz nicht mehr? Obwohl zuletzt erstmals seit Jahren wieder Ängste vor höherer Teuerung keimten, neigte der Goldpreis weiterhin zur Schwäche.
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Bitcoin als Ersatz für Gold – das sehen die Experten der Commerzbank kritisch: Wohl räumen sie auf Anfrage gewisse Ähnlichkeiten zwischen beiden ein, zumal auch einige Marktteilnehmer dies so sehen würden, allerdings stellt Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoffresearchs, fest: "Bitcoin ist und bleibt ein äußerst volatiles Spekulationsobjekt." Er sieht nur eine geringe Chance, dass die Kryptowährung ernsthaft als Währung oder Geld wahrgenommen werde. Oder gar Gold als sicheren Hafen für stürmische Zeiten verdrängen.

Kurzfristig erklärt Weinberg die aktuelle Schwäche des Goldpreises indirekt sogar mit den Inflationserwartungen: "Die Inflationssorgen sind tatsächlich in letzter Zeit spürbar gestiegen, doch hat es auch zu einem sehr starken Renditeanstieg in den USA geführt." Konkret liegt die Verzinsung zehnjähriger US-Anleihen binnen eines halben Jahres um etwa einen Prozentpunkt höher bei etwa 1,65 Prozent – mit negativen Auswirkungen auf das Edelmetall.

Zinslose Anlage

"Da Gold eine zinslose Anlage ist, belastet der Renditeanstieg den Goldpreis", sagt Weinberg. "Außerdem sind die Aktienmärkte gleichzeitig auf ein Allzeithoch gestiegen, was ebenfalls preisbelastend wirkte." Was allerdings nichts am langfristigen Aufwärtspotenzial des Edelmetalls ändern sollte. Anlagestratege Timothy Hayes von Ned Davis Research meint etwa mit Blick auf die inflationsbereinigten Anleihenrenditen: "Solange die realen Renditen negativ bleiben, sollte es Gold unterstützen." Derzeit sind diese noch unter null.

Freilich gibt es auch andere Stimmen – und zwar auch zunehmend aus den Reihen klassischer Finanzakteure und institutioneller Investoren. Im Vorjahr hatten Wall-Street-Banken wie JPMorgan oder Citibank immer wieder Bitcoin mit Gold verglichen, auch aus dem Hause des Fondsriesen Blackrock waren ähnliche Töne zu vernehmen. Denn manche Vorteile von Bitcoin liegen verglichen mit Gold geradezu auf der Hand: So ist es leichter zu verwahren, etwa in einer elektronischen Geldbörse am Smartphone. Zudem lässt sich die Kryptowährung auch beliebig in kleinere Einheiten aufteilen.

Geringerer Spielraum

Die starken Kursgewinne von Bitcoin hätten neben zuvor Privatinvestoren nun auch verstärkt Institutionelle auf den Plan gerufen, heißt es aus der Zürcher Kantonalbank in Österreich. Diese würden Bitcoin auch teilweise zum Schutz vor Inflation einsetzen. "Der Spielraum für Gewinne ist jedoch angesichts der starken Performance schon geringer geworden", erklärt Vorstand Christian Nemeth. Bei falschem Timing drohe Anlegern ein erheblicher Verlust.

Auch von der Eignung von Bitcoin als Inflationsschutz ist Nemeth nicht restlos überzeugt. "Aktuell wurden bereits fast 90 Prozent der möglichen Bitcoins geschürft, was das langfristige Inflationspotenzial beschränkt", sagt er. "Damit verbunden sind aber auch erhebliche Risiken, die um ein Vielfaches höher liegen als bei traditionellen Anlagemöglichkeiten." Er empfiehlt daher ganz klassisch weiterhin Gold, inflationsgeschützte Anleihen oder Immobilien zur Absicherung gegen eine höhere Teuerung.

Weiterer Anstieg

Eine eindeutige Meinung vertritt Mark Bristow, Chef des Minenkonzerns Barrick Gold. Er sieht den Höhenflug von Bitcoin und Co besonders kritisch. "Alle sind so verzweifelt", sagt Brislow, "sie kaufen Dinge, die keinen wirklichen inhärenten Wert auf dem Markt haben." Weit positiver sieht er freilich Edelmetalle: "Wir haben einen ersten Anstieg des Goldpreises gesehen", sagt er mit Blick auf das Rekordhoch von August bei etwa 2070 Dollar für eine Feinunze und fügt hinzu: "Ein weiterer wird kommen." (Alexander Hahn, 21.3.2021)