Kellnerinnen, Verkäuferinnen, Reiseführerinnen. Die Corona-Pandemie hat auf dem italienischen Arbeitsmarkt eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, und betroffen waren vor allem Frauen. Italien ist schon vor der Pandemie das Land mit der zweitniedrigsten Erwerbsbeteiligung von Frauen gewesen, nur Griechenland liegt noch weiter hinten. Die Pandemie hat die Frauen noch weiter zurückgedrängt: Von den 450.000 verlorengegangenen Jobs in Italien im vergangenen Jahr waren es in mehr als der Hälfte der Fälle Frauen, die gekündigt wurden, obwohl die Beschäftigungsquote unter Männern um ein Drittel höher war.

Italien mag ein Ausreißer sein, was das Beteilungsverhältnis am Arbeitsmarkt betrifft. In puncto Auswirkungen der Krise ist die Entwicklung in dem südeuropäischen Land aber sehr typisch für ganz Europa gewesen. Diese Woche hat Eurofound, eine EU-Agentur, die auf Arbeitsmarktfragen spezialisiert ist, die bisher wohl umfassendsten Analyse dazu herausgegeben, wie die akute Pandemie die Arbeitswelt in der EU im vergangenen Jahr durcheinandergewirbelt hat.

In vielen Ländern der EU sind Instrumente eingesetzt worden, um Beschäftigung zu erhalten, insbesondere die Kurzarbeit.
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Die Zahlen sind beachtlich. EU-weit waren zum Ende des ersten Halbjahres 2020, als die erste Welle der Pandemie am Abklingen war, um 5,7 Millionen Menschen weniger in Beschäftigung als ein Jahr davor. Die Lücke wächst auf 6,3 Millionen an, wenn man berücksichtigt, dass die Beschäftigung in der EU vor der Pandemie laufend gestiegen ist und wohl auch weiter gestiegen wäre.

Die große Kluft

Den größten Rückgang gab es EU-weit wie in Italien bei Frauen, vor allem bei jüngeren. Die Beschäftigung bei Frauen bis 24 ist zum Beispiel um rund acht Prozent gesunken, bei Männern bis 55 Jahre und älter dagegen um 0,9 Prozent gestiegen. Über alle Altersgruppen und beide Geschlechter hinweg lag der Beschäftigungsrückgang bei 2,4 Prozent.

Angesichts der schweren Krise erscheint das moderat. Des Rätsels Lösung ist, dass in vielen Ländern Instrumente eingesetzt worden sind, um Beschäftigung zu erhalten, insbesondere die Kurzarbeit. Auch hier bietet die Studie von Eurofound interessante Einsichten. Denn offenbar ist in keinem anderen EU-Land die Kurzarbeit so stark genutzt worden wie in Österreich.

So ist die Zahl der gearbeiteten Stunden bei jenen, die ihren Job nicht verloren haben, in Österreich am stärksten gesunken: Die Wochenarbeitszeit reduzierte sich pro Beschäftigten im Schnitt um 2,6 Stunden, also etwas weniger als zehn Prozent. EU-weit war der Rückgang nirgendwo auch nur annähernd so deutlich.

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Diese Zahlen zeigen die Tragik und den Erfolg der Antikrisenmaßnahmen. Denn durch die starke Nutzung der Kurzarbeit konnte ein noch deutlicherer Anstieg der Arbeitslosigkeit vermieden werden, sagt Ökonom Helmut Mahringer vom Wifo. Zugleich weicht Österreich so stark von den Werten in anderen Ländern ab, dass die Vermutung nahe liegt, dass die Kurzarbeitsregelungen so einladend waren, dass viele Betriebe Mitarbeiter, die sie nie gekündigt hätten und die sie nur zeitweilig nicht benötigten, in Kurzarbeit schickten.

Die Zahlen aus dem Eurofound-Bericht beruhen auf einer regelmäßigen Befragung in der EU auf Haushaltsebene, mit der rund 1,8 Millionen Menschen erfasst werden.

Schlechter bezahlte Jobs verschwanden

Der Bericht enthält noch eine Reihe weiterer Details: So sind in der Krise unterm Strich nur schlechter bezahlte Arbeitsplätze vernichtet worden. Teilt man die Einkommensbezieher in fünf Gruppen, gingen in den beiden mit der niedrigsten Bezahlung rund sechs Millionen Jobs verloren. In den beiden Gruppen mit dem höchsten Einkommen wurden zwei Millionen Jobs zusätzlich geschaffen, trotz Pandemie.

Die absolute Mehrzahl der Menschen, die ihren Job während der Pandemie verloren haben, tauchen in der Arbeitslosenstatistik der EU gar nicht auf, auch das zeigt die Analyse von Eurofound. Die meisten dieser Menschen haben sich vom Arbeitsmarkt in der Pandemie ganz verabschiedet, suchen daher nicht nach einem Arbeitsplatz, weshalb sie in der EU-weiten Statistik nicht registriert werden. (András Szigetvari, 18.3.2021)