Mehrere ÖVP-Politiker haben im vergangenen Jahr nachweislich die Unwahrheit gesagt, als sie in der Debatte um die geforderte Aufnahme von Flüchtlingskindern aus den Elendslagern auf den griechischen Inseln die Rolle Österreichs schönreden wollten. Man könnte auch sagen: Sie haben glatt gelogen. Innenminister Karl Nehammer und Familienministerin Susanne Raab behaupteten, dass Österreich allein 2020 mehr als 5.000 unbegleitete Minderjährige aufgenommen habe und daher – bei aller behaupteten Betroffenheit über die schreckliche Lage der Kinder in den Camps – ohnedies seinen Beitrag, sogar einen sehr großzügigen Beitrag, geleistet habe.

Innenminister Karl Nehammer und Familienministerin Susanne Raab wollten sich aus einer für sie und ihre Partei höchst unangenehmen Diskussion wegducken.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Es stimmt nur nicht. Es waren exakt 186 unbegleitete Minderjährige, denen Österreich Schutz gewährt hat, nicht 5.000, wie eine parlamentarische Anfrage ergab. Nehammer und Raab wollten sich schlicht aus einer für sie und ihre Partei höchst unangenehmen Diskussion wegducken. Sie haben mit falschen Zahlen und Begriffen agiert – offenbar weil ihnen die Hartherzigkeit, die hier zutage trat, selbst peinlich war.

Auch die Hilfe vor Ort, auf die sich Österreichs Politiker gerne berufen, ist ein derartiges Ablenkungsmanöver. Ja, da wird viel Geld lockergemacht – aber wer etwa einen Blick in die Lager auf Lesbos riskiert, muss feststellen, dass diese Hilfe dort einfach nicht ankommt. Hier wird an Flüchtlingen, unter ihnen sehr viele Kinder, ein grausames Exempel statuiert: Diesen Menschen muss es so dreckig gehen, dass es anderen zur Abschreckung dient. Auch das ist die EU – und wird von den Regierungschefs offenbar billigend in Kauf genommen.

Österreich mit seiner türkis geführten Regierung spielt da aktiv mit: Haltet uns bloß die Flüchtlinge vom Leib. Sollen die Kinder traurig schauen, aber nicht bei uns. Diese "Hilfe vor Ort" lassen wir uns gerne etwas kosten. (Michael Völker, 17.3.2021)