Bernie Sanders sitzt dem Budgetausschuss vor und feiert im September seinen 80. Geburtstag.

Foto: Imago

Harte Worte findet der demokratische US-Senator Bernie Sanders für den reichsten Mann der Welt. Der Gründer und scheidende CEO von Amazon, Jeff Bezos, war nämlich der Einladung zu einer Anhörung in den Budgetausschuss des Senats nicht gefolgt, in der unter anderem der Umgang mit gewerkschaftlichen Bestrebungen bei großen Konzernen thematisiert worden war. Auch Elon Musk, derzeit Nummer zwei in der Vermögensliste, ließ den Termin aus.

Seine Abwesenheit ersparte Bezos aber nicht die Kritik durch den Politiker aus Vermont, der in vielen Bereichen klassisch sozialdemokratische Positionen europäischer Prägung vertritt. Die Wollfäustlinge, die ihn im Zuge der Angelobung von Joe Biden zum Meme machten, hat er offenkundig aus- und die harten Bandagen angezogen.

Amazon kampagnisiert gegen Gewerkschaftsgründung

"Wäre er heute bei uns, würde ich ihn Folgendes fragen: Sie haben ein Vermögen von 182 Milliarden Dollar, Sie sind die reichste Person der Welt", zitiert "Business Insider" Sanders. "Warum tun Sie alles in Ihrer Macht Stehende, um die Arbeiter in Bessemer davon abzuhalten, einer Gewerkschaft beizutreten?"

Dabei spricht er einen sehr aktuellen Fall. an Am genannten Logistikstandort in Alabama wird derzeit – und das erste Mal seit längerem überhaupt bei Amazon – über eine gewerkschaftliche Organisierung abgestimmt. Erstmals in der Geschichte des Konzerns könnte diese erfolgreich verlaufen. Bisherige Anläufe an anderen Standorten waren, mit fleißiger Mithilfe des Unternehmens, gescheitert. Die Wahl läuft noch bis Ende März.

Negativ-PR und "goldene Handshakes"

Auch in Bessemer gibt sich Amazon laut Berichten alle Mühe, eine Gewerkschaftsgründung zu verhindern. Offenbar hat man wieder einmal eine Agentur engagiert, die sich auf sogenanntes "Union Busting" – also antigewerkschaftliche PR – spezialisiert hat. Im Rahmen der "Do It Without Dues"-Kampagne warnt man vor hohen Gewerkschaftsgebühren.

Zudem erhielten Mitarbeiter, die vom Unternehmen wohl als unzufrieden eingestuft worden waren, das Angebot, gegen tausende Dollar Abfindung zu kündigen, womit sie auch nicht mehr an der Wahl hätten teilnehmen können. Das Vorgehen könnte einen arbeitsrechtlichen Verstoß darstellen und gegebenenfalls zu einer Wiederholung der Wahl führen.

Das war nicht die einzige Kritik von Sanders an Bezos. Der Senator warf ihm auch vor, dass der Konzern seinen Mitarbeitern während der Pandemie bezahlte Krankenstände verweigere, während er selbst dank des Onlineshopping-Booms um 77 Milliarden Dollar reicher geworden sei. Gleichzeitig warnte er, dass auch andere Konzerne so handeln würden und dies ein wesentlicher Faktor für die größer werdende Schere zwischen niedrigen und hohen Einkommen sei.

Mitarbeiterin sagte aus

Auch eine in Bessemer beschäftigte Amazon-Mitarbeiterin sagte vor dem Senat aus. Amazon werbe damit, ein in der Branche überdurchschnittliches Gehalt zu zahlen, verschweige aber, wie der Arbeitsalltag aussehe. Von einer Gewerkschaftsgründung erhoffe sie sich, die schiefe Ebene zwischen Konzern und Angestellten wieder etwas ausgleichen zu können und Vorbildwirkung für den Rest des Landes zu entfalten.

Mitarbeiter am Standort monierten gegenüber Medien etwa, dass sie bei ihren Tätigkeiten kaum Zeit zum Verschnaufen hätten. Wer etwa Waren aus den Regalen holt, müsse in sehr schneller Abfolge neue Artikel scannen, um die automatische Einbuchung von "Untätigkeit" zu vermeiden. Auch Klo- und Trinkpausen würden als "Untätigkeit" registriert. Wer an einem Tag 30 Minuten "Fehlzeit" ansammle, erhalte eine Verwarnung, bei zwei Stunden erfolge unmittelbar die Entlassung.

Kritik an Amazon gab es vor einigen Wochen, wenn auch indirekt, von US-Präsident Joe Biden. Der Demokrat sprach sich gegen "Anti-Gewerkschafts-Propaganda" aus, verzichtete aber darauf, die Causa Bessemer oder Amazon zu nennen. (red, 18.3.2021)