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Der britische Außenminister Dominic Raab verglich die EU mit einer Diktatur, weil sie in Europa produzierten Impfstoff womöglich bald nicht mehr in sein Land exportieren lässt. Selbst bestreitet London, dass es einen Exportstopp erlassen habe. Aus den beiden Astra-Zeneca-Fabriken in Großbritannien solle dennoch "zuerst Großbritannien" versorgt werden, statt Dosen zu exportieren, sagt Raab.

Foto: Reuters / Jessica Taylor

Die britische Regierung hat die EU-Drohung eines Impfstoff-Exportverbots kritisiert. Er sei überrascht und enttäuscht von diesen Äußerungen gewesen, sagte Bauminister Robert Jenrick dem TV-Sender Sky. Außenminister Dominic Raab hatte zuvor schon die EU mit autoritären Diktaturen verglichen. "Ich denke, da sind einige Antworten fällig. ... Ich bin überrascht, dass wir diese Diskussion überhaupt führen, denn gewöhnlich tun sich die EU und Großbritannien zusammen, um solche Schritte durch weniger demokratische Staaten zu verhindern", so Raab.

London betont, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe Premierminister Boris Johnson Anfang des Jahres die klare Zusage geben, dass es nicht zu solchen Exportbeschränkungen kommen werde und die Europäische Union ihre vertraglichen Verpflichtungen einhalten werde. Das habe auch Großbritannien vor. "Und ich hoffe und erwarte, dass die EU sich an ihren Teil der Abmachung hält."

Weniger Vakzine auch in Großbritannien

Von der Leyen hatte am Mittwoch im Streit mit Großbritannien und den USA erklärt, dass die EU prüfen werde, ob Exporte in Länder, die eine höhere Impfrate hätten, noch verhältnismäßig seien. Womöglich müsse darüber nachgedacht werden, Exporte in Länder die selber Impfstoffe produzierten, von deren Ausfuhr-Bereitschaft abhängig zu machen.

In der EU besteht ein akuter Mangel an Impfstoff, auch aufgrund von Lieferproblemen des britisch-schwedischen Herstellers Astra Zeneca. Auch Großbritannien rechnet ab Ende März mit geringeren Impfstofflieferungen. Allerdings sieht sich das Land dennoch auf Kurs, die priorisierten Gruppen bis zum 15. April und alle Erwachsenen bis Ende Juli zu impfen. Brüssel argumentiert, man habe insgesamt bereits 41 Millionen Dosen in der EU gefertigten Impfstoff in 33 Länder der Welt exportiert, darunter auch nach Großbritannien.

"Kein Exportstopp", aber keine Exporte

Mitteilungen der EU, wonach London umgekehrt einen Exportstopp für Impfstoff erlassen habe, hat die britische Regierung schon vor einiger Zeit verärgert zurückgewiesen. Zugleich konnte das Kabinett in London nicht beziffern, wie viel im Land produziertes Vakzin bereits ins Ausland gebracht worden sei. Man stelle eben sicher, dass "in Großbritannien produzierter Impfstoff zuerst in Großbritannien eingesetzt wird", so die Regierung. Die beiden Fabriken in Staffordshire und Oxford hatten auch Geld der EU zum Ausbau ihrer Kapazitäten erhalten, haben bisher aber keinen Impfstoff in die EU geliefert.

Von der Leyen bemühte sich am Mittwoch auch, Unterschiede zwischen Großbritannien und den USA herauszuarbeiten. Beide würden keine Impfungen exportieren, allerdings funktioniere im Fall der USA, die einen formellen Impfstoffexportstopp erlassen haben, der Austausch, da es einen freien Warenverkehr für Rohmaterialien und andere Stoffe gebe, die zur Herstellung von Impfungen nötig sind.

Warnung vor Impf-Protektionismus

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Berlin warnt indes vor einem Exportverbot von Impfstoffen aus der EU. "Exportverbote sind eine ganz schlechte Idee", sagte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Für die Produktion von Impfstoffen sind wir in der EU ganz massiv von Importen aus anderen Ländern angewiesen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn die Handelspartner ihrerseits den Export kritischer Vorprodukte einschränken."

"Exportverbote verschlimmern das eigentlichen Problem: dass nämlich weltweit zu wenig Impfstoff produziert wird", sagte Felbermayr. "Statt Protektionismus ist grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefordert, um die Engpässe möglichst schnell zu beheben." Die Bekämpfung einer Pandemie erfordere einen globalen Ansatz, so der aus Österreich stammende Ökonom. (mesc, Reuters, APA, 18.3.2021)