Wie wird in Österreich 2021 Ostern gefeiert? Man weiß es nicht.

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Komplexitätsforscher Peter Klimek glaubt, dass ein "Durchwursteln" bis Ostern nur funktioniert, wenn "wir uns alle zusammenreißen".

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Wien – Der Frühlingsbeginn am kommenden Samstag setzt eine kleine Kettenreaktion in Gang: Eine gute Woche später scheint der erste Frühlingsvollmond, und auf diesen folgt der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling – der Ostersonntag. Der ist längst nicht mehr nur von religiöser Bedeutung, sondern auch von epidemiologischer. Die Frage steht im Raum: Genießen wir zu Ostern 2021 wieder mehr Freiheiten – oder stecken wir dann schon wieder im nächsten harten Lockdown?

In der öffentlichen Debatte wird derzeit vor allem über weitere Lockerungen gesprochen. Die Öffnung der Schanigärten wurde vage für den 27. März angekündigt. Doch die Zahlen geben weitere Öffnungen eigentlich nicht her: Seit Wochen steigt die Sieben-Tages-Inzidenz, aktuell liegt sie bei 220 – weit weg von jenen 50, die die Regierung einst als Richtwert für substanzielle Lockerungen vorgesehen hatte. Besonders besorgniserregend ist die Situation in den Spitälern: 1814 Covid-Patientinnen und -Patienten befinden sich derzeit im Krankenhaus, 386 von ihnen auf der Intensivstation.

"Durchwursteln bis Ostern"

"Wir bewegen uns im intensivmedizinischen Bereich ganz klar auf die Kapazitätsgrenzen zu", sagt dazu der Komplexitätsforscher Peter Klimek im Ö1-Morgenjournal. Er plädiert deshalb für schärfere Maßnahmen. Ein neuer harter Lockdown "wäre nötig, wenn wir das Ziel erreichen wollen, den intensivmedizinischen Bereich zu entlasten".

Die Regierung setze aber anscheinend darauf, "dass wir uns noch irgendwie durchwursteln können bis Ostern", und wolle dann "sozusagen den natürlichen Lockdown der Osterferien" in Verbindung mit der einen oder anderen Maßnahme nutzen, um die Fallzahlen herunterzubekommen, sagt der Forscher.

Die Hoffnung sei wohl, dass "wir im April mit den Impfprogrammen genügend Fahrt aufnehmen, dass wir mehr und mehr Altersgruppen und insbesondere die Risikobevölkerung schützen können". Das könne funktionieren, "wenn wir uns alle zusammenreißen" und Kontakte reduzieren, sagt Klimek.

Im Gesundheitsministerium gibt man sich zu dem Thema zugeknöpft: Die Lage werde "laufend von den Expertinnen und Experten evaluiert und fließt in die Konsultationen von den Maßnahmen mit ein", kommende Woche werden die nächsten Schritte präsentiert. Zu etwaigen Tendenzen – ob es eher Lockerungen oder eher Verschärfungen geben wird – könne man keine Auskunft geben, heißt es auf STANDARD-Anfrage. Auch ob ergänzende Maßnahmen zum "natürlichen Osterlockdown", wo die Schulen geschlossen und auch viele Angestellte zu Hause sind, geplant werden, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Dem Vernehmen nach werden allerdings sehr wohl Lockerungspläne gewälzt: So soll es regional differenzierte Erleichterungen geben, sobald Bundesländer bestimmte Etappenziele in Hinblick auf die Durchimpfung erreichen. Schrittweise Öffnungen wären dann etwa möglich, sobald alle Impfwilligen über 65 oder alle über 50 Jahre immunisiert seien.

Ampelkommission sieht Risiko

Klimeks Skepsis, was weitere Öffnungsschritte betrifft, wird auf der anderen Seite von den Zahlen der Corona-Ampel-Kommission gestützt. Die aktuellsten Daten des Gremiums liegen dem STANDARD vor. Demnach sank die Zahl der Neuinfektionen zuletzt nur in Vorarlberg, das sich bei der Inzidenz auf die erwähnten 50 zubewegte. Allerdings: Welchen Einfluss die am Montag erfolgen Öffnungsschritte im Ländle auf die Zahlen haben, ist noch nicht abzuschätzen.

Allen anderen Bundesländern attestiert die Kommission im besten Fall eine Stagnation, meistens jedoch einen steigenden Trend.

Schon 2020 war Ostern ein Thema für die Politik: Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte eine "Wiederauferstehung zu Ostern" in Aussicht gestellt. Zugleich war man im Gesundheitsministerium ob der Familienfeiern besorgt. Das Ergebnis: ein umstrittener Ostererlass, der nach heftiger Kritik revidiert wurde.

Sterberate sinkt aktuell

Sinkende Zahlen sind bei der allgemeinen Sterbestatistik zu beobachten: Die wöchentliche Sterberate ist laut Statistik Austria auf den zweitniedrigsten Wert seit dem Jahr 2000 gefallen. 1578 Todesfälle wurden in der ersten Märzwoche 2021 gemeldet.

Ausreißer nach oben waren bei dieser Statistik bei starken Grippewellen zu beobachten – die durch die Corona-Maßnahmen völlig entfallene Grippesaison 2020/2021 könnte also eine Erklärung für die niedrigen Zahlen sein. Corona-Infektionen, die heute stattfinden, schlagen sich allerdings erst mehrere Wochen später in der Sterbestatistik nieder.

(Sebastian Fellner, Michael Matzenberger, 18.3.2021)