Wo sind sie geblieben die Charles Bronsons, die Clint Eastwoods und die John Waynes aus längst vergangenen Tagen? Männer, die dem Zigarrengenuss vornehmlich kubanischer Herkunft frönten und die, frei nach dem großen Wayne, anderen gegenüber gerecht waren und dafür von ebenjenen Gerechtigkeit einforderten? Vielleicht ist dies nur ein verklärter Blick in eine gar nicht immer so rosige Vergangenheit, aber filmische Meisterwerke wie "Kalter Schweiß" oder "Ein Mann wird zur Bestie" sind stille Zeugen einer Ära, in welcher ein anderes Konstrukt der Männlichkeit propagiert wurde. Dieses beinhaltete nebst anderem zwar auch eine ordentliche Portion unverhohlen zur Schau gestellten “Machismo“, jedoch stand und steht es für viele dennoch für Fairness, Redlichkeit und Loyalität.

Zurück zum alten, weißen Mann.
Foto: REUTERS/Amir Cohen

Harmonische versus toxische Männlichkeit

Doch nun sind sie wieder da, die “richtigen“ Männer. Männer, die aus ihrer Männlichkeit keinen Hehl machen, sich gleichzeitig aber nicht scheuen, ihre sanfte und zerbrechliche Seite preiszugeben. So oder so ähnlich könnte man jedenfalls die Wahlentscheidung vieler im südlichsten Bundesland Österreichs interpretieren. Hier haben zwei Repräsentanten der Kategorie “harmonische“ Männlichkeit, Gerhard Köfer und Christian Scheider vom “Team Kärnten“, für provinzielle Verhältnisse ein mittelschweres Politbeben ausgelöst. Die führende Landeshauptmannpartei SPÖ hat so zwei wesentliche Hochburgen an eine nahezu Polit-Newcomer-Partei verloren. Man könnte jetzt annehmen, dass es sich bei dem Phänomen des “Team Kärntens“ mit Köfer und Scheider um die Rückkehr des Populismus handelt, dies ist aber vielleicht etwas zu kurz gegriffen. Beide symbolisieren einen Typus Politiker, der für eine vergangene Zeit steht, welche die Menschen in der Coronakrise auf mannigfaltige Weise wieder haben wollen. Eine Epoche in der scheinbar klare Entscheidungen getroffen und nicht um Expertenmeinungen herum laviert wurde. Gewissermaßen ein “Zurück in die Zukunft“, wo es noch keine Pandemie gab und das Leben unbeschwert war.

Witzeling

Zurück in die Zukunft für eine Handvoll Testosteron

Beide Spitzenkandidaten verkörpern eine Kategorie Politiker, die nicht lange überlegt, wie vergleichsweise der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, bei dem es im mentalen Sinne nahezu jedes Mal zu einem studentischen Debattierklub auf kognitiver Ebene kommt, sondern die schnell intuitiv-instinktiv reagiert. Beide Herangehensweisen haben je nach Anforderung ihre Berechtigung und Vorteile. Wenn gesellschaftlich jedoch der emotionale Hut brennt, dann wollen Menschen keine Diskussionen oder langes Reflektieren und verlangen eine rasche Intervention, auch wenn diese nicht immer komplett durchdacht oder logisch erscheinen mag. Derartige Denkstile (ebenso als “kognitive Stile“ bekannt) des Politikverständnisses zeichnen sich durch große Feldunabhängigkeit (Feldunabhängige Personen erweisen sich eher als selbstbestimmt) und Impulsivität aus.

Reflexive Menschen neigen zu einer detailreicheren Analyse eines Themengebietes sowie zu langsameren Entscheidungen wohingegen impulsive eine allgemeinere Globalanalyse bevorzugen und ihre Entschlüsse daher schneller treffen. Erwähnte kognitive Stile beschreiben die für ein Individuum typische Art, wie Informationen verarbeitet werden und wie mit diesen operiert wird. Zusammenfassend kann man möglicherweise schlussfolgern, dass, befreit von Elementen eines verstaubten Männlichkeitsbildes, anscheinend das Zeitalter der intuitiven Entscheidungsträger angebrochen ist. Die Zeit der “Experten“, was auch immer man darunter verstehen mag, neigt sich offenbar dem Ende zu. (Daniel Witzeling, 29.3.2021)

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