Die Berge der Alpen sind laut einer beispiellos umfassenden Langzeitstudie im Winter deutlich kürzer weiß als noch in den 1970er-Jahren. Die Schneesaison unterhalb von 2.000 Metern Seehöhe ist in den vergangenen 50 Jahren je nach Höhenlage und Region um bis zu 34 Tage kürzer geworden, berichteten Forscher unter der Leitung des Südtiroler Instituts Eurac Research in Bozen.

Bisherige Untersuchungen beschränkten sich auf einzelne Regionen oder Staaten und fußten auf den Daten von ein paar Dutzend, höchstens ein paar Hundert Messstationen. Nun aber wurden erstmals die Daten aller verfügbaren über 2.000 Messstationen in Italien, Österreich, Slowenien, Deutschland, der Schweiz und Frankreich zusammengeführt und nach einheitlichen Methoden ausgewertet. Der homogene, fünf Jahrzehnte umfassende Datensatz, geschaffen durch die Zusammenarbeit von über 30 Wissenschaftern aus allen Alpenstaaten, ist auch für künftige Studien eine wichtige Grundlage.

Regionale Unterschiede

"Damit kann man die Schneebedeckung im Alpenraum nun erstmals quantitativ genau beschreiben: ihre Verteilung – die, wie wir gesehen haben, sehr genau die großen Klimazonen der Alpen spiegelt – und was sich in den vergangenen 50 Jahren verändert hat", erklärt Michael Matiu, Forscher am Institut für Erdbeobachtung von Eurac Research, der die Studie gemeinsam mit seiner Kollegin Alice Crespi leitete. Die Daten zeigen, dass der Schnee nicht nur ungleich verteilt ist: Er geht auch nicht überall in gleichem Ausmaß zurück. Im ohnehin schneeärmeren Süden haben die Schneehöhen unter 2.000 Meter in den meisten Monaten deutlich stärker abgenommen als im Norden.

Das aus zahlreichen Satellitendaten kombinierte Bild zeigt die mittlere Schneebedeckung zwischen 2000 und 2019.
Foto: Eurac Research

Regionale Trends unterscheiden sich teils erheblich, doch sind längerfristige Veränderungen in ähnlicher Weise im gesamten Alpenraum zu beobachten: Die 1970er- und 1980er-Jahre waren allgemein schneereich, gefolgt von einer insgesamt schneearmen Phase Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre. Dann nahmen die Schneehöhen zum Teil wieder zu, erreichten allerdings nicht mehr das Niveau der 1970er-Jahre. Und überall gibt es weniger Schnee im Frühling, wie Crespi betont: "Während im Winter je nach Lage und Höhe eine große Bandbreite an Veränderungen festzustellen ist, auch mit vereinzelten Zunahmen vor allem in höheren Lagen, verzeichneten im Frühling fast alle Messstationen Rückgänge."

Daten für die gesamte Forschungsgemeinschaft

Unterhalb von 2.000 Metern verkürzte sich die Schneesaison in den letzten fünf Jahrzehnten im Mittel um 22 bis 34 Tage; der Boden ist im Winter tendenziell später schneebedeckt und früher wieder schneefrei, wenn der Frühling naht. Eine direkte Folge des Klimawandels, wie Matiu und seine Kollegen und Kolleginnen im Fachjournal "The Cryosphere" schreiben. "Wir haben die Zusammenhänge in dieser Studie nicht explizit untersucht, doch ist klar, dass der Schnee aufgrund höherer Temperaturen früher und schneller schmilzt und Niederschlag als Regen statt als Schnee fällt", so der Wissenschafter.

Gerade für klimatologische Studien stellt der umfassende, einheitliche Datensatz ein wertvolles Instrument dar. Die Autoren machen ihn der gesamten Forschungsgemeinschaft zugänglich und hoffen, dass er durch künftige Untersuchungen kontinuierlich erweitert werden wird. (red, 18.3.2021)