Reisen sollte in Europa im Sommer wieder grenzüberschreitend möglich sein, mit Impfpass und Nachweis, dass man nicht mit Corona infiziert ist.

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Reisewarnungen, Grenzkontrollen, Quarantäne: So sieht die Realität in Europa nach einem Jahr Pandemie aus. Um den touristischen Verkehr zwischen den Kontinenten ist es nicht besser bestellt. Kein Wunder, dass sich die Tourismusbranche speziell in Ländern wie Österreich mit einem hohen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP – alles, was im Land erwirtschaftet wird, Anm.) an jeden Strohhalm klammert. Einer ist der sogenannte "grüne Pass".

"Wenn dieser, wie angekündigt, rasch umgesetzt wird – nämlich mit der Dokumentation von aktuellen Tests, Impfungen bzw. überstandener Covid-19-Infektion –, ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung", sagt Helga Freund. Sie ist Vorstandsdirektorin des Österreichischen Verkehrsbüros und auch zuständig für rund 100 Ruefa-Reisebüros im Land. "Das kann Planungssicherheit für viele urlaubshungrige Menschen, aber auch uns Touristiker geben", sagte Freund dem STANDARD. Wichtig sei, dass der grüne Pass tatsächlich als einheitliche Lösung in der EU plus in ausgewählten Staaten funktioniere. Dann sei mit einem "deutlichen Anspringen der Buchungen zu rechnen", sagte Freund.

Rechte und Pflichten legt jeder Mitgliedsstaat für sich fest

Der grüne Pass soll nach Ansicht der Regierung, aber auch der EU-Kommission, ein Passierschein werden, um nach Monaten voller Komplikationen wieder europaweit ungehindert reisen zu können. Auch Besuche von Wirtshäusern und Kulturveranstaltungen, Einchecken im Hotel und andere Corona-bedingt nach wie vor untersagte Tätigkeiten könnten wieder möglich werden. Könnten deshalb, weil die Regeln, welche Rechte mit dem grünen Pass einhergehen, jeder der 27 EU-Staaten selbst setzt, wie es im Tourismusministerium heißt.

"Wir sehen alles positiv, was zu einer früheren Öffnung führen und auch ausländische Gäste wieder nach Österreich bringen kann", bringt die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer, die Erwartung der Branche auf den Punkt. "Wir hoffen, dass dies nun zeitnah umgesetzt werden kann."

Details in Arbeit

Rasch soll es tatsächlich gehen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Donnerstag dem parlamentarischen Gesundheitsausschuss die gesetzliche Grundlage für den grünen Pass vorgelegt. Darin ist etwa festgehalten, dass auch eine Corona-Schutzimpfung ein Nachweis über eine "lediglich geringe epidemiologische Gefahr sein kann", wie es wörtlich heißt. Bisher hat das nur für Getestete und für Personen gegolten, die bereits eine Infektion hatten und das auch nachweisen können. Details zu den Rechten und Pflichten, die mit dem grünen Pass verbunden sein werden, stehen aber noch aus.

Der im Gesundheitsministerium kommunizierte Zeitplan sieht vor, dass in einer ersten Phase schon im April Corona-Testungen registriert werden. Diese Nachweise wären dann bis zum Ende der Pandemie auch elektronisch per QR-Code und nicht nur in Papierform abrufbar. In einem zweiten Schritt sollen ab Juni auch Immunitätsnachweise für Genesene und Geimpfte in den grünen Pass hinein. Der 1. Juni ist das Zieldatum der EU, ab wann der grüne Pass europaweit gelten soll.

Kritik von Opposition am Vorgangsweise

Während die Opposition vor allem Kritik an der "überfallsartigen" Vorgangsweise ohne Begutachtung und verquickt mit dem Covid-Maßnahmengesetz übt, gibt es aus der Tourismusbranche durchwegs positive Rückmeldungen. Allerdings – Einreise- und Ausreiseregelungen müssten auf europäischer Ebene vereinheitlicht werden. "Wenn ich geimpft oder genesen bin, sollte ich überall reisen dürfen", fordert der Obmann der Reisebüros in der Wirtschaftskammer, Gregor Kadanka.

Auf einen wesentlichen Punkt macht Hotelierpräsidentin Reitterer noch aufmerksam: "Solange jemand im Zielland in Quarantäne gehen muss, wird Reisen nicht stattfinden." Deshalb stehe und falle die Wirksamkeit des digitalen Impf-, Test- oder Genesungsnachweises mit der Ausklammerung aus den Quarantäneauflagen. "Wenn es diese Ausnahmen für Passinhaber in Europa gibt, werden auch die Airlines wieder Flüge auflegen", ist die ÖHV-Chefin überzeugt.

Hotellerie hofft auf Aufsperrtermin Anfang Mai

Ostern hat Reitterer für die Hotellerie in Österreich bereits abgeschrieben: "Die Regierung wird uns nicht aufsperren lassen." Ihre Hoffnung ist, dass es "Anfang Mai" so weit ist. (Günther Strobl, 19.3.2021)