Vorletzter Stiftungsrat vor der nächsten Generalswahl: Alexander Wrabetz feiert Erfolge

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Als wäre kaum etwas gewesen in diesem Jahr eins der Corona-Pandemie schließt der ORF sein Geschäftsjahr mit gediegenen Zahlen ab: 7,7 Millionen Euro operativer Überschuss im eigentlichen ORF. Das Konzernergebnis mit allen Töchtern von der GIS und der Werbevermarkterin Enterprise bis zur Mehrheitsbeteiligung an der Senderfirma ORS: 22,3 Millionen Euro.

22,2 Millionen Konzernergebnis hatte Österreichs größter Medienkonzern für 2020 budgetiert. Das Ergebnis des ORF als Einzelunter nehmen war mit 15,8 Millionen Euro etwas höher geplant als die (vorläufigen) Wirtschaftsdaten, die ORF-Chef Alexander Wrabetz am Donnerstag nach dem Stiftungsrat auch veröffentlichen ließ.

Signal: Alles auf Plan

Die Botschaft dieser und vieler anderer Leistungswerte in seiner Zwischenbilanz des Schaffens für den ORF: Wrabetz hat den Tanker sicher auch durch die Corona-Krise gesteuert, das Publikum nutzt die ORF-Medien wie lange nicht, und es hat auch in der Krise viel Vertrauen in die Informationen vom Künigl berg.

Angriffige ÖVP

Alexander Wrabetz will am 10. August 2021 vom ORF-Stiftungsrat für eine weitere, eine vierte Amtszeit ab 2022 wiederbestellt werden. Auch wenn er das noch nicht sagt.

Der Sozialdemokrat braucht dafür vor allem die Mehrheit der bürgerlichen Stiftungsräte im obersten ORF-Gremium. In der Koalition mit den Grünen werden sie sich wohl abstimmen, auch wenn die ÖVP -nahen Stimmen allein für die Be stellung der nächsten ORF-Führung reichen.

Im Stiftungsrat am Donnerstag fielen die bürgerlichen Stiftungs räte mit kritischen Fragen an Alexander Wrabetz auf, berichten Sitzungsteilnehmer. Ihnen fielen – die auch sonst nicht für Schmeichelei und Kuschelkurs mit Wrabetz bekannten – ÖVP-nahen Räte als "pingelig" bis "angriffig" auf.

Das kann ein Signal an Wrabetz sein, dass er sich seiner Wiederwahl nicht zu sicher sein soll. Oder auch, dass sich der amtierende Generaldirektor noch mehr anstrengen muss oder müsste, um die bürgerliche Mehrheit zu gewinnen. Beide Interpretationsvarianten lassen sich natürlich problemlos kombinieren.

Thomas Zach, Sprecher der bürgerlichen Stiftungsräte, hat ein Thema auf die Tagesordnung des Plenums reklamiert, bei dem es aus seiner Sicht noch nicht so läuft, wie es sollte: Wie sollen die Journalistinnen und Journalisten von TV, Radio und Online ab Mitte 2022 in einem gemeinsamen Newsroom zusammenarbeiten – und doch Vielfalt gewahrt bleiben? Pluralismus sei nicht nur gesetzlich und demokratiepolitisch geboten, sondern auch unternehmerisch: Binnenpluralismus und Meinungsvielfalt bedeuten Relevanz, und die schlage sich in der Reichweite nieder, sagt Zach.

Chefredakteur oder Team

Zach hat sich schon vor der Sitzung festgelegt: "Ein zentraler Chefredakteur ist nicht vorstellbar." Lothar Lockl, Sprecher der drei grünen Stiftungsräte, sieht seine Linie durch den Koalitionspartner bestätigt: "Wir ziehen da am gleichen Strang und sind einer Meinung, dass die hohe Qualität der journalistischen Arbeit, die hohen journalistischen Standards in ihrer ganzen Pluralität erhalten bleiben müssen."

Wrabetz soll laut Ohrenzeugen im Stiftungsrat von einem Team gesprochen haben, das den multi medialen Newsroom managen soll. Später aber soll er wiederum davon gesprochen haben, dass in diesem Team wohl jemand die Verantwortung übernehmen müsse.

645 Millionen aus der GIS

Im Juni, in der letzten Sitzung vor der Generalswahl, will Zach nun den Newsroom und seine journalistische Organisation neuerlich diskutieren: "Das muss von Anfang an funktionieren."

Wirtschaftlich hat der ORF im Corona-Jahr solide funktioniert. Mit Werbung in TV, Radio und Online nahm der öffentlich-rechtliche Rundfunkriese nach vorläufigen Angaben vom Donnerstag 200,3 Millionen Euro ein, geplant waren 211 Millionen.

Aus GIS-Gebühren kamen 2020 644,9 Millionen, ein Hauch unter den geplanten 647 Millionen. Im Herbst steht eine Gebührenerhöhung an – über die sich der General vor der Wahl nicht äußern mag. (fid, 18.3.2021)