Kein Parkett, das zum Beben gebracht wird. Keine Hantelbank, die gedrückt wird. Keine Matte, die ausgerollt wird. Ein halbes Jahr waren Tanz-, Fitness und Yogastudios insgesamt seit dem Ausbruch der Pandemie geschlossen. Wann nun wieder geöffnet werden kann, ist ungewiss.

Rund 20.000 Freizeit- und Sportbetriebe gibt es laut der Wirtschaftskammer in Österreich. Viele von ihnen kämpften derzeit "um das nackte Überleben", sagt die Obfrau des Fachverbandes in der Wirtschaftskammer, Astrid Legner. Auch einige Tanzstudios haben Existenzängste, zeigt eine Umfrage.

Ballettunterricht funktioniert zu Hause aus Platzgründen und wegen Verletzungsgefahr kaum. Aber auch Tanzen in der Gruppe ist Corona-bedingt nur eingeschränkt oder gar nicht möglich.
Foto: Performing Center Austria

Im Februar hat der Verband der Tanzstudios 256 Tanzstudio-Betreiber zu ihrer Lage befragt. Das Ergebnis: Etwas mehr als ein Drittel sieht den Weiterbestand gefährdet und hat Existenzängste. Knapp drei Viertel schätzen die Gefahr vor finanziellen Verlusten aufgrund weniger Neuanmeldungen als "sehr hoch" ein. Immerhin habe sich auch die Zahl der aktiven Mitglieder laut Umfrage halbiert. Vor Corona hatten die befragten Betreiber – die drei Viertel aller Studios repräsentieren – einen Kundenstamm von rund 40.000 Tänzerinnen und Tänzern.

"Es ist erschreckend, wie viele Studios sich akut bedroht fühlen und unmittelbar vor einer Schließung stehen", sagt Rebekka Rom. Sie ist Präsidentin des Verbands der Tanzstudios und betreibt mit dem Verein Arriola drei Studios in Wien und Umgebung, wo vor allem Kurse für Kinder und Jugendlichen angeboten werden.

Viele machten sich auch finanzielle Sorgen wegen der hohen Mieten. Rom kenne keinen Fall, wo die Vermieter kulant gewesen seien ob der Schließungen. "Die Hälfte des vergangenen Jahres haben wir bezahlt und nicht genutzt." Zwar überstehe man die akute Zeit mit staatlichen Hilfen, aber wenn "im Herbst nur noch die Hälfte der Teilnehmer zurückkommt, weil sie sich keinen Tanzkurs mehr leisten können, wird es einen Rundumschlag geben."

Branchenwechsel

Und vielen Trainerinnen und Trainer gehe es noch schlechter als den Betreibern, sagt Rom. Sie arbeiten meist in Mischverhältnissen: eine geringfügige Anstellung in einem Studio, ein Engagement am Theater, ein Auftritt in einer Werbung oder Aufträge bei Events – all das fällt jetzt weg. Einige, die keine Perspektive mehr sähen, wandern in andere Branchen oder widmen sich in der Krise ihrem Zweitberuf.

So auch Rom: Im vergangenen Frühjahr arbeitete die Arriola-Betreiberin in ihrem Ausbildungsberuf als Sozialpädagogin in einer betreuten Wohneinrichtung – auch, um als Mutter zweier Kinder mehr finanzielle Sicherheit zu haben. "Das hat mir aber gezeigt, dass ich keinen anderen Job machen will als den, den ich seit 15 Jahre mache: Tanzen unterrichten", blickt Rom zurück.

Um auf die schwierige Situation der Tanzenden aufmerksam zu machen, und als vor einem Jahr der erste Lockdown kam, schlossen sich einige Wiener Studios, darunter auch Roms, zusammen. Im August wurde daraus der Verband der Tanzstudios, der die "wirtschaftlichen, künstlerischen und sozialen Interessen der Tanzstudios, Kursanbieter und in der Vermittlung tätigen Personen" vertritt. 291 Tanzstudio-Betreiber sind mittlerweile Mitglied. "Eigentlich war der Ursprung eine Identitätskrise der Tanzstudios. Wir haben in der Pandemie erkannt, dass unsere Branche als solche nicht existiert", sagt Rom. "Wir sind an der Schnittstelle von Sport, Kultur und Freizeit. Wir gehören überall ein bisschen dazu, aber keiner fühlt sich zuständig."

Bei den ersten Lockerungen durften die Tanzschulen wieder öffnen, Studios aber nicht. Nach Berichterstattung in den Medien wurden bei den weiteren Corona-Maßnahmen alle Sportstätten gleich behandelt. Aktuell dürfen aber Musikschulen, die auch Tanzstunden anbieten, als Bildungseinrichtung offen haben. "Auf dem Land unterrichtet oft eine Lehrerin in einem Studio und in der Musikschule, kann aber nur eine der beiden Klassen halten", sagt Rom.

Keine Lust auf Online

Die geschlossenen Studios bieten derzeit Online-Kurse, auch sie haben pandemiebedingt einen digitalen Wandel hinter sich. Aber: "Das kann nicht den Unterricht im Studio ersetzen, und es hat für ein paar Monate im Winter halbwegs funktioniert. Doch es ist vorbei: Keiner will mehr online tanzen", erzählt Rom. Etwa zehn Prozent würden die Online-Kurse noch mitmachen.

Im Wohnzimmer könne man allein aus Platzgründen vieles nicht machen: "Man ist sehr auf diese Tiktok-Armbewegungstänze limitiert." Springen, Steppen oder Ballett auf hohem Niveau könne man nicht remote trainieren – nicht nur wegen des Lärms, sondern auch wegen der Verletzungsgefahr. Aber: "Ein bisschen zu Hause rumzuhopsen, um fit zu bleiben, macht Sinn", sagt Rom. Denn den Kindern gehe es körperlich und psychisch zunehmend schlechter, beobachtet die Tanztrainerin. Tanzen sei eine gute Gesundheitsprävention, stärke das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Training im Freien, wie es nun für Kinder und Jugendliche beim Vereinssport gilt, sei laut Rom beim Tanzen kaum eine Alternative, weil es zu sehr von Wetter, Untergrund und vom Platz abhänge. Aber die Studios seien bereit, wieder aufzusperren, und hätten gute Hygienekonzepte, sagt die Präsidentin. Am Donnerstag erfuhr sie vom Gesundheitsministerium, dass auch Tanzkurse als Veranstaltungen im Rahmen der außerschulischen Jugenderziehung mit bis zu zehn Personen unter 18 Jahren zulässig sind. Voraussetzung ist ein entsprechendes Präventionskonzept.

In den Studios sieht das laut Rom folgendermaßen aus: Die Räume würden desinfiziert, ins Studio dürften nur Trainierende, die Umkleiden sind geschlossen, Anwesenheitslisten mit der Aufzeichnung, wer wo im Saal stand, erleichterten das Contact-Tracing. Mittlerweile verlange man auch einen negativen Corona-Test. Das wirke: "Es gab immer wieder Corona-positive Schüler, aber keine Ansteckungen und Cluster in den Klassen", sagt Tanzpädagogin Rom. (Selina Thaler, 19.3.2021)