Ungarn und Polen führten in den Jahren 2014 und 2016 progressiv gestaltete Umsatzsteuern ein, die kleinere Unternehmen mit weniger Umsatz begünstigen. Die EU-Kommission sah darin unzulässige staatliche Beihilfen und verbot die Steuern – zu Unrecht, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun entschieden hat (EuGH 16.3.2021, C-562/19 P).
Beide Staaten hatten das Verfahren in erster Instanz vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) bereits gewonnen, die Kommission legte allerdings ein Rechtsmittel ein. Der EuGH wies die Beschwerde nun zurück und bestätigte das Urteil.
Kein "diskriminierendes Element"
Laut europäischem Höchstgericht steht es den Mitgliedsstaaten beim gegenwärtigen Stand der Harmonisierung des Steuerrechts frei, das ihnen am geeignetsten erscheinende Steuersystem einzuführen. Grenzen gebe es nur dann, wenn die fragliche Maßnahme ein "offensichtlich diskriminierendes Element" aufweist. Maßstab dafür sind die "normalen" Steuerregelungen des jeweiligen Mitgliedsstaats. Diskriminierend wäre die Maßnahme nur dann, wenn die unterschiedliche Behandlung von Wirtschaftsteilnehmern nicht gerechtfertigt ist.
Mitgliedsstaaten können sich für progressive Steuersätze entscheiden, mit denen der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen Rechnung getragen werden kann, erklärte der EuGH. Diese Art des Steuersystems sei nicht nur bei der Besteuerung von Gewinnen möglich, sondern auch bei Steuern, die an den Umsatz anknüpfen. (japf, 19.3.2021)