Mutationen im Spike-Protein führen dazu, dass das Virus leichter in Zellen eindringen kann.

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Von einem "besorgniserregenden Aufwärtstrend" hat SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner im Ö1-"Morgenjournal" am Freitag gesprochen. Neue Mutationen des Coronavirus seien deutlich ansteckender und aggressiver, weshalb Patientinnen und Patienten "in einem viel früheren Erkrankungsstadium, bereits in der ersten Erkrankungswoche", auf die Intensivstation kämen. Betroffene seien außerdem jünger. "Die Erkrankung ist noch ernster und kritischer, als es früher der Fall war", zeigte sich die Epidemiologin besorgt und sprach von einem möglicherweise bevorstehenden "Kollaps" der österreichischen Intensivstationen.

Neue Daten aus Studien belegen, dass die britische Variante B.1.1.7 tatsächlich für mehr schwere Verläufe und Todesfälle sorgt. Im Vergleich zum nahezu verdrängten Wildtyp steigt die Zahl der Hospitalisierungen und Sterbefälle um jeweils rund 60 Prozent.

Laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) machte die infektiösere Mutante zuletzt bundesweit 76 Prozent der positiven Tests aus. In Wien liegt der Anteil bereits bei 90 Prozent. Auch hinsichtlich der südafrikanischen Variante B.1.351 dürfte Wien Tirol bei den Neuinfektionen zuletzt bereits übertroffen haben.

Verdacht bestätigt

Schon seit Beginn der Pandemie gehen Expertinnen und Experten davon aus, dass ansteckendere Varianten sich letztlich durchsetzen werden. Die Hoffnung, dass diese ansteckenderen Varianten weniger gefährlich sein könnten, weil sie sich dann besser verbreiten können, hat sich nicht erfüllt.

Die im September in Großbritannien entstandene Variante ist deutlich ansteckender – was dazu geführt hat, dass B.1.1.7 nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern für die Mehrheit der Infektionen sorgt. Und: Eine neue Studie, die kürzlich im Fachblatt "Nature Medicine" fachbegutachtet erschien, kommt zu dem Schluss, dass B.1.1.7 ein um 61 Prozent höheres Sterberisiko aufweist als die bisherige Normalvariante. Eine weitere Studie aus dem "British Medical Journal" zeigt, dass in Großbritannien das Mortalitätsrisiko durch B.1.1.7 im Vergleich zur bisherigen Variante um 32 bis 104 Prozent anstieg (wahrscheinlichster Wert: 64 Prozent). Das absolute Sterberisiko durch Covid-19 bleibe für die Bevölkerung aber weiterhin gering, sagen die Autoren.

Fest steht jedenfalls, dass sich das Verhältnis zwischen Infektionszahlen und zu erwartenden Hospitalisierungen verändern dürfte. Teilweise wird das bereits an den belegten Betten in Spitälern und Intensivstationen deutlich. Vergleicht man das mit den Zahlen vom Herbst, ist die Intensivbettenauslastung bei vergleichbarer Sieben-Tage-Inzidenz deutlich höher. Besonders in den Bundesländern, in denen auch die Variante B.1.1.7 schon länger dominant ist. (Julia Palmai, 19.3.2021)