Die beiden Delegationen saßen einander zum ersten Mal gegenüber.

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Die Hoffnungen, das Verhältnis zwischen Washington und Peking werde sich entspannen, sobald Joe Biden einmal im Amt ist, dürften spätestens mit Donnerstag enttäuscht worden sein. Da trafen sich hochrangige Delegationen beider Länder, quasi auf geografisch halbem Wege, in Achorage, Alaska.

Eisig, so berichtet man, sei auch die Stimmung gewesen. Eine Videoaufnahme zeigt, wie der Außenpolitik-Verantwortliche der Kommunistischen Partei Chinas, Yang Jiechi, die amerikanische Delegation rüffelt, nicht von oben herab mit China zu sprechen. Anschließend schlossen sich die Türen für die Presse.

Kritikpunkte angesprochen

Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken direkt alle Kritikpunkte an Peking angesprochen, von denen es einige gibt: Da ist die Missachtung internationaler Verträge, was den Autonomiestatus der Stadt Hongkong betrifft. Die Menschenrechtslage in der Provinz Xinjiang ist desaströs, da Peking dort seit spätestens 2018 Millionen Menschen in Konzentrationslager zwingt. Peking übe zudem wirtschaftlichen Druck auf Verbündete aus und zettele zahlreiche territoriale Streitigkeiten mit Nachbarn an. Hinzu kommen die Unterstützung des Regimes in Nordkorea, Cyberattacken, Hackerangriffe, Industriespionage und der zunehmende Druck auf Taiwan, das Peking als abtrünnige Provinz betrachtet.

Sondierungsgespräche

Peking konterte, die USA verträten nicht die öffentliche Weltmeinung. Wie es in den USA selbst um die Menschenrechte bestellt sei, zeigten die Black-Lives-Matter-Proteste. Irgendwann wurde der Ton noch rauer. In der chinesischen Presse wird dem Treffen eine große Bedeutung beigemessen. "Das 21. Jahrhundert wird den chinesisch-amerikanischen Beziehungen keine zweite Antwort geben", raunte die staatliche Zeitung "Global Times".

Geplant war das Treffen als eine Art Sondierung der Beziehungen. Ex-US-Präsident Donald Trump hatte auf die expansive Wirtschaftspolitik Pekings und zahlreiche Fälle von Industriespionage mit Strafzöllen reagiert. Beide Länder hatten sich daraufhin in einer Abwärtsspirale verstrickt.

Inhaftierte von Pandemie überrascht

Nicht ganz zufällig begann am Freitag auch der Prozess gegen die Kanadier Michael Kovrig und Michal Spavor. Kovrig sitzt seit rund zwei Jahren in Peking in Haft und ist von der Außenwelt völlig abgeschnitten. Als ihn im Oktober 2020 kanadische Diplomaten per Videocall kontaktierten, soll dieser völlig überrascht gewesen sein, dass sich die Welt in einer Pandemie befindet.

Kovrig wurde im Dezember 2018 verhaftet, nachdem die Staatsanwaltschaft in Kanada ein Verfahren gegen die Finanzchefin des Konzerns Huawei, Meng Wanzhou, angestrengt hatte. Meng wird in den USA vorgeworfen, die Sanktionen gegen den Iran unterlaufen zu haben. Sie ist außerdem Tochter des Huawei-Konzerngründers Ren Zhengfei, dem engste Verbindungen zur chinesischen Armee und politischen Führung nachgesagt werden.

Spionagevorwürfe

Im Unterschied zu Kovrig darf Meng sich mit einer Fußfessel relativ frei bewegen. Kovrig, der für die Denkfabrik International Crisis Group in Peking arbeitete, wurde zehn Tage nach Meng wegen Spionagevorwürfen festgenommen.

Peking bestreitet jeglichen Zusammenhang. In Datong, an der Grenze zu Nordkorea, befindet sich mit Spavor ein zweiter Kanadier in Haft. Über diesen Fall ist noch weniger bekannt. Spavor organisierte Unternehmerreisen nach Nordkorea und wurde zur selben Zeit wie Kovrig verhaftet. Die Verurteilungsrate chinesischer Gerichte liegt bei 99 Prozent. Beobachter aber gehen davon aus, dass die Fälle Teil eines Deals mit den USA werden könnten. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 19.3.2021)