"Er war eine schillernde Figur, der Adolf Schmidl", weiß Johannes Mattes, Historiker an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Speläologe, über den Altmeister der Höhlenkunde zu berichten. Schmidl, 1802 in Böhmen geboren, besuchte in Wien das Akademische Gymnasium, studierte Jus, ehe er 1833 Erzieher bei Fürst Lobkowitz wurde. 1844 promovierte er zum Doktor der Philosophie und gab (bis 1848) die "Österreichischen Blätter für Literatur und Kunst" heraus. Schmidl war ein umtriebiger Forscher, Geograf und brachte vieles zu Papier. Sein bevorzugtes Medium war die "Wiener Zeitung", deren Chefredakteur er von 1. Juli bis Mitte Oktober 1848 war. Hier veröffentlichte er ab den 1850er-Jahren zahlreiche Artikel über den Karst und Höhlen.

Schmidl war erster Aktuar der 1847 gegründeten Akademie der Wissenschaften und auch Mitglied des Wiener Gemeinderats. Ab 1857 hatte er eine Professur für Geografie, Statistik und Geschichte am k. k. Josefs-Polytechnicum in Ofen (ungarisch: Buda) inne (heute: Stadtteil von Budapest). Hier verstarb er am 20. November 1863. Von breiterer Bekanntheit sind seine Reisebeschreibungen, die er ab den 1830er-Jahren veröffentlichte, darunter "Wien's Umgebungen auf zwanzig Stunden im Umkreise" aus dem Jahr 1835.

Adolf Schmidl – umtriebiger Höhlenforscher der ersten Stunde.
Foto: public domain

Schmidl: "… ein strebsames, energisches und anregendes Wesen"

Nicht minder interessant ist die Schilderung seiner Soft Skills aus der Feder von Heinrich Wallmann: "Die äusserliche Erscheinung Schmidl's war imponirend; er hatte eine grosse und hübsche Gestalt, braunes Haar, eine sonore prächtige Stimme, war ein vorzüglicher Baritonsänger, ein ausgezeichneter Redner ein vortrefflicher Lehrer, aber auch ein sorgsamer Familienvater. Er besass vorzügliche Geistes- und Gemüths-Eigenschaften, geniale Anlagen, einen grundehrlichen heiteren und liebenswürdigen Charakter und ein strebsames, energisches und anregendes Wesen." Schmidl war in dreifacher Weise erfolgreich – als Schriftsteller und damit verbunden ein Vorkämpfer wissenschaftlicher Aktivitäten im Vormärz, dann als Geograf und Alpenforscher und schließlich als Höhlenforscher in der Monarchie.

Seine Höhlenforschungen begannen im Sommer 1850 als Auftragsarbeit der 1849 gegründeten k. k. Geologischen Reichsanstalt. Schmidl machte sich im August nach Slowenien auf und untersuchte im dortigen Karst unter anderem die Reka, einen Fluss, der mehr als 35 Kilometer unterirdisch fließt. Auch den Zirknitzer See, der dank unterirdischer Abflüsse immer wieder austrocknet, und die Adelsberger Grotte erforschte er im Detail. Seine Beobachtungen schickte er nach Wien und veröffentlichte sie noch während der Feldforschungen in der "Wiener Zeitung" in der achtteiligen Serie "Die Höhlen des Karst".

Situations-Plan der Berggegend unweit Adelsberg im Jahre 1829.
Foto: GBA

Die nächsten Jahre waren in erster Linie der Erforschung von Höhlen gewidmet. Schmidl, auf den der Begriff "Höhlenkunde" zurückgeht, wurde zum prägenden Pionier der Speläologie – nicht von ungefähr erhielt er den Spitznamen "Höhlen-Schmidl".

Früher Höhlentourismus

Bei Schmidls Forschungen im Karst standen neben der Frage der unterirdischen Befahrbarkeit der Karstflüsse vor allem touristische Aspekte im Vordergrund, einen Schwerpunkt bildete die Adelsberger Grotte, für die er einen Führer verfasste. Im Schauhöhlentourismus sah er großes Potenzial: "… so kann man den an Naturwundern so reichen, aber sonst armen Gegenden Innerkrains nur das günstigste Prognostikon stellen." Hoffnungen setzte er 1850 auf den Ausbau der Bahn: "In 22 Stunden ist man jetzt schon von Wien in Laibach, nach Vollendung der Eisenbahn wird man in 24 Stunden im Mittelpunkte dieser Naturwunder sein." Heute ist die Adelsberger Grotte, die Postojnska jama, wie sie auf Slowenisch heißt, eine Touristenattraktion. Die Höhlen von Škocjan, ebenfalls im slowenischen Karst, gehören zum Unesco-Welterbe und sind auch als Schauhöhlen zu besichtigen. Schmidl hätte sich gefreut.

"Land der Höhlen": Wasserquellen und Klimaarchive

Spätestens seit der Verwendung des Karstwassers aus dem niederösterreichischen Rax- und Schneeberggebiet für die 1873 eröffnete Erste Wiener Hochquellenleitung durch Eduard Suess steht die Bedeutung der Karsthohlräume für die Trinkwasserversorgung außer Zweifel. Auch die Städte Salzburg und Graz beziehen ihr Trinkwasser aus Karstquellen, sei es vom Untersberg beziehungsweise vom Hochschwab.

"Mit rund 17.500 Höhlen, die vermessen und katastermäßig erfasst sind, kann Österreich auch als 'Land der Höhlen' bezeichnet werden, denn jährlich werden rund 400 weitere entdeckt", skizziert Christoph Spötl (Universität Innsbruck) Österreich aus speläologischer Sicht. Dort leitet er am Institut für Geologie die Innsbruck Quaternary Research Group. Deren Fokus liegt auf der Erforschung der jüngsten 2,6 Millionen Jahre der Erdgeschichte (= Quartär). Konkret sind es Sinterbildungen, sprich Tropfsteine, die im Detail analysiert werden. Aus den Werten der Kohlenstoff- und Sauerstoffisotope können Aussagen über die ehemalige Vegetation oberhalb der Höhle sowie zum regionalen Klima, hunderttausende Jahre zurück in die Vergangenheit, gemacht werden.

Der zweite speläologische Schwerpunkt mit akademischer Expertise liegt in Wien. Zum einen am Naturhistorischen Museum mit der Karst- und Höhlenarbeitsgruppe, zum anderen an der Universität Wien. Hier hat am Institut für Paläontologie die Erforschung der fossilen Fauna von Höhlen mit einem Schwerpunkt auf Höhlenbären eine lange Tradition.

Adelsberger Grotte: der Mailänder Dom von Adolf Schmidl 1854.
Foto: GBA
Adelsberger Grotte: Erzherzog Johanns Grotte von Adolf Schmidl 1854.
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Adelsberger Grotte: Fischplatz mit dem großen Wasserfalle von Adolf Schmidl 1854.
Foto: GBA

2021: International Year of Caves and Karst

Im für 2021 anberaumten Internationalen Jahr der Höhlen und des Karsts (IYCK), einer Initiative der Internationalen Vereinigung für Höhlenforschung, geht es unter dem Motto "Erforschen, Verstehen und Schützen" darum, in der breiten Öffentlichkeit das Bewusstsein für diesen Themenbereich zu stärken. Dies vor dem Hintergrund, dass der Alltag vieler Menschen eng damit verbunden ist – Stichwort: Trinkwasserversorgung. Zudem gilt es hier Verbindungen zum verantwortungsvollen Tourismus bis hin zum Natur-/Kulturerbe herzustellen.

Dass Österreich im Bereich Karst und Höhlen einen großen Anteil hat, muss nicht betont werden. Damit verbunden ist auch ein verantwortungsvoller Umgang mit den sensiblen Karst- und Höhlensystemen, dies kann wiederum nicht oft genug betont werden und darf keineswegs auf 2021 beschränkt bleiben. (Thomas Hofmann, 25.3.2021)