(Die Bühne ein Abschnitt der Prater-Hauptallee im März 2021. Spazieren Gehende, schnell und langsam Laufende, Rad Fahrende. Von links, joggend, nähert sich ein Schriftsteller Ende zwanzig, von rechts, ebenfalls joggend, eine ungefähr gleichaltrige Schriftstellerin. In der Bühnenmitte treffen sie zusammen und begrüßen einander mit Ellbogengruß. Beide joggen während ihres Gesprächs auf der Stelle weiter.)

Foto: : APA/HERBERT NEUBAUER

ER: Und? Geht’s gut?
SIE:
Sehr gut, danke. Dir? Schreibst viel?
ER:
Ich sitz’ seit ein paar Wochen an einer Romantrilogie.
Von der erwart’ ich mir einiges.
SIE:
Trilogie ist nie ein Fehler.
Um was geht’s?
ER:
Kapitalismus, Neoliberalismus. Die Hauptfigur ist ein Schwarzer.
SIE:
Bist du wahnsinnig? Du kannst unmöglich als weißer Mann eine Person of color –
ER:
Keine Person of color! Ein ÖVPler.
SIE:
Bist du wahnsinnig? Du bist ein überzeugter Roter, du kannst unmöglich –
ER: Ich bin extra bei den Roten ausgetreten und ÖVP-Mitglied geworden.
SIE:
Deswegen bist du noch immer kein Schwarzer, höchstens türkis. Du kannst unmöglich –
ER: Bitte, ich bin inzwischen mit dem Andreas Khol per Du!
SIE:
Trotzdem. Das verlegt dir keiner, wetten? Aber wie du meinst …
ER:
Was schreibst du grad? Roman wieder?
SIE (nickt):
Kommt nächstes Frühjahr bei Wallstein. Meine Reise zu mir.
ER:
Klingt interessant. Wovon handelt er?
SIE:
Hauptsächlich, was ich tu’, was ich denk’. Meine G’schicht halt.
ER:
Fahrst Bachmann-Preis?
SIE:
Ich hab’ vor, ihn zu gewinnen.

(Sie nicken einander zum Abschied zu und joggen fort.

Vorhang)

(Antonio Fian, 19.3.2021)