Die frohe Botschaft des Gesundheitsministers Rudolf Anschober am Freitag: "Klar sind wir in der dritten Welle!" Weiß auch Kanzler Sebastian Kurz davon? Tags zuvor hatte er noch in Berlin von "regional abgestuften" Öffnungen gesprochen.

Zynismus beiseite. Die dritte Welle ist da, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommen erst, und es stellt sich die Frage, ob wir es dieser Regierungskonstellation zutrauen, die Krise in angemessener Zeit zu bewältigen. Die Antwort ergibt sich von selbst: Nach der bisherigen Performance zu schließen, sind die Aussichten nicht großartig.

Die Zusammenarbeit zwischen Türkis und Grün in der Corona-Politik ist nicht optimal.
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Über das "System Kurz" und seine Besonderheiten ist fast alles gesagt. Das Hauptproblem ist aber, dass alles oder so vieles auf ihn zugeschnitten ist. Seine Minister(innen) sind zu schwach. Er selbst schiebt in einer unangenehmen Realität Verantwortung ab: "Wir werden seit Monaten von Clemens Martin Auer regiert und haben es nicht bemerkt" (© Ex-Profil-Chefredakteur Herbert Lackner). Der Spin in Sachen Impfstoff ist schlicht irreführend: Ja, einzelne Staaten haben mehr Impfstoff bekommen, aber nur, weil andere (Osteuropäer) nicht so viel von dem teureren Hersteller haben wollten und ihre Ration eben von anderen aufgekauft wurde. Österreich hätte kaufen können, hat es aber nicht getan.

Anschober hat seinen Laden nur bedingt im Griff. Er vertraute zu lange auf Berater, darunter eben die nunmehrige Unperson Auer, die klar falsch lagen. Aber die Entscheidung, die Impforganisation dezentral aufzuziehen, ist wohl gemeinsam in der Regierung gefallen. Denn in Wahrheit hätte der Bund mit der Organisation seine Schwierigkeiten und eine Art wirtschaftliches Kriegsrecht ausrufen müssen. In den USA, Israel und auch in Großbritannien hat man das getan, mit entsprechendem Erfolg. Hier hat man das den Bundesländern überlassen, mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Fehlende Kompetenz

Die Zusammenarbeit zwischen Türkis und Grün in der Corona-Politik ist nicht optimal, Finanzminister Gernot Blümel durch staatsanwaltschaftliche Untersuchungen abgelenkt, Wirtschafts-und Tourismusministerium schwach besetzt, die Schulen wurschteln seit Sommer dahin – es sieht nicht gut aus.

Was dieser Regierung fehlt, ist Kompetenz – und der Druck von außen, sich dringend Kompetenz zu besorgen. Das Mindeste ist eine breitflächige Regierungsumbildung, vor allem bei Türkis (Finanzen, Wirtschaft, Bildung). Anschober auszutauschen ist wahrscheinlich schwierig, aber er braucht ganz sicher eine funktionierende zweite Managementebene. Eine, vielleicht zwei durchsetzungskräftige, auch politisch erfahrene Personen, die mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet sind.

Die Möglichkeit einer Regierung der nationalen Einheit unter Einbeziehung der SPÖ und der Neos ist eine ferne Möglichkeit; vielleicht wird sie Notwendigkeit, wenn es weiter so schiefläuft. Ein fliegender Wechsel zu einer Rot-Grün-Pink-Koalition (eine Mehrheit vorausgesetzt, die derzeit nicht da ist) ist ebenfalls nicht recht am Horizont zu sehen. Neuwahlen will jetzt niemand.

Es ist die Regierung, die wir halt haben. Aber sie braucht dringend ein Upgrade. Ist Selbsterkenntnis bei Sebastian Kurz möglich? Können ihn die verbliebenen schwarzen Granden unter Druck setzen? Sind die Grünen zu einer internen Neuorganisation fähig? Die Umfragewerte für die Regierung sollten ein Ansporn sein. Es sollte auch der Opposition – und der Zivilgesellschaft – gelingen, der Regierung klarzumachen, dass sie sich mächtig zusammenreißen muss. (Hans Rauscher, 20.3.2021)