Titan steht weit oben auf der astrobiologischen Liste interessanter Objekte in unserer Nachbarschaft. Der größte Mond des Saturn ist der einzige bekannte Himmelskörper im Sonnensystem, der einen ähnlich komplexen Flüssigkeitskreislauf mit Wolken, Regen, Flusssystemen und Seen hat wie die Erde. Auf seiner Oberfläche herrschen allerdings unwirtliche Temperaturen von rund minus 180 Grad Celsius. Daher zirkuliert dort auch kein Wasser. Es fließen Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan.

Titan (im Bild vor seinem Planeten) ist mit einem Durchmesser von 5.150 Kilometern größer als der Merkur und der einzige Mond im Sonnensystem, der eine dichte Gashülle besitzt,
Foto: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Dennoch räumen Wissenschafter der Entstehung von Leben auf Titan keine schlechten Chancen ein. Der Mond besitzt eine dichte, komplexe Atmosphäre, die interessante organische Moleküle beinhaltet. Unter den richtigen Umständen könnten diese als Bausteine für Leben dienen. Zudem gehen Forscher davon aus, dass Titan unter seiner Eiskruste einen Ozean aus Wasser besitzt. Jetzt haben Wissenschafter ein Szenario untersucht, wie sich die Zutaten für Leben auf dem eisigen Mond gemischt haben könnten: durch Kollisionen mit Asteroiden oder Kometen.

Eiskruste und Kratersee

Titan weist zwar weniger Einschlagskrater auf als andere Monde im Sonnensystem – das ist seiner dichten Atmosphäre geschuldet, die kleinere Objekte zum Verglühen bringt. Doch es gibt Spuren einiger sehr großer Impakte. Wäre es denkbar, dass durch diese Einschläge organisches Material in den unterirdischen Ozean gelangt ist und dort eine Art Ursuppe entstanden ist?

Ein Team um Alvaro Penteado Crósta von der Universidade Estadual de Campinas in Brasilien ist dieser Frage nachgegangen. Die Wissenschafter modellierten die Entstehung des größten Kraters auf dem Saturnmond: Menrva misst fast 400 Kilometer im Durchmesser und dürfte vor rund einer Milliarde Jahre entstanden sein. Wie die Forscher vergangene Woche auf der Lunar and Planetary Science Conference in Houston, Texas, berichteten, dürfte ein etwa 34 Kilometer großer Brocken die Titan-Oberfläche mit etwa sieben Kilometern pro Sekunde getroffen haben.

Ausschnitt einer Aufnahme des Menrva-Kraters durch die Raumsonde Cassini.
Foto: NASA/JPL-Caltech/ASI

Dieser gewaltige Aufprall könnte nach Ansicht von Crósta und Kollegen günstige Konditionen für eine habitable Nische geschaffen haben. Die Oberfläche und die äußere Mantelschicht des Mondes bestehen zu erheblichen Teilen aus Wassereis. Durch die Hitze des Impakts ist im Krater wahrscheinlich ein See entstanden, der den Berechnungen der Forscher zufolge Plusgrade gehabt haben muss, ehe er nach etwa einer Million Jahre wieder eingefroren sein dürfte.

Titan-Drohne in Entwicklung

Bis dahin könnten in der Kombination aus Wasser, organischen Molekülen und Wärme aber theoretisch etwas in Gang gekommen sein, sagte Crósta zu "Science": "Solche Bedingungen sind ziemlich gut für Bakterien." Zudem wäre in diesem Szenario ein Austausch zwischen Oberflächenmaterial und unterirdischem Wasserreservoir denkbar. "Die Kombination dieser Prozesse könnte ein habitables Ökosystem geschaffen haben", schreiben die Forscher. "Der Menrva-Krater und seine Umgebung wären demnach ein günstiges Ziel für künftige Erkundungsmissionen."

Tatsächlich laufen die Planungen für den nächsten Besuch auf Titan längst auf Hochtouren. 2027 soll die Nasa-Mission Dragonfly starten und den vielversprechenden Mond 2036 erreichen. Dragonfly ist eine Flugdrohne, die chemische und astrobiologische Untersuchungen durchführen und dabei mehr als 175 Kilometer zurücklegen soll. Der Menrva-Krater liegt allerdings weit außerhalb ihrer Reichweite – Dragonfly soll den kleineren Selk-Krater besuchen. Daten deuten darauf hin, dass sich auch dort einmal flüssiges Wasser befunden haben dürfte. (dare, 23.3.2021)