Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter setzt sich für den Fortbestand der "Wiener Zeitung" ein – allerdings ohne den Staat.

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Wien – Das drohende Aus der "Wiener Zeitung" als Tageszeitung, beschäftigt auch die Opposition. Wenn es nach den Vorstellungen von Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter geht, dann solle das Medium weiter existieren, allerdings ohne den Staat als Eigentümerin. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die 'Wiener Zeitung' mit Jahresende nicht zugesperrt, sondern weitergeführt wird – jedoch nicht mehr als Amtsblatt der Republik, sondern als unabhängiges Medienprojekt", schreibt Brandstötter in einem Mail an die Redakteursvertretung der "Wiener Zeitung", die sich an die Politik mit der Bitte gewandt hat, sich für den Erhalt des Mediums in gedruckter Form einzusetzen.

Wie mehrfach berichtet, soll sich die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt einem Transformationsprozess unterwerfen, da die Veröffentlichungspflicht für Unternehmen wegfallen soll, was das Medium in seiner Existenz gefährden würde. Basis dafür ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Darauf hatte sich die türkis-grüne Koalition im Regierungsübereinkommen geeinigt.

Neos für Ende der Pflichtveröffentlichungen

Brandstötter schreibt, dass es der "Wiener Zeitung" gelungen sei, aus dem Amtsblatt eine Tageszeitung zu machen, die echten Qualitätsjournalismus liefere: "Zugleich begrüßen wir die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen, denn jeder Euro, den Unternehmerinnen und Unternehmer nicht dafür ausgeben müssen, ist ein Euro, der in Innovation und Arbeitsplätze fließen kann." Der Wegfall der Haupteinnahmequelle solle jedoch nicht unmittelbar in einer Schließung der "Wiener Zeitung" münden.

"Es gibt einige Ideen für eine Zukunft der Zeitung, die man debattieren kann – von der Bündelung von Veröffentlichung der Ministerien bis hin zu einer Medienkompetenzstelle als demokratiestabilisierende Maßnahmen. Sie alle machen Sinn, führen aber auch dazu, dass die Zeitung weiterhin im Eigentum der Republik ist und somit auch in deren Einflusssphäre", so Brandstötter.

Überbrückungsfinanzierung über fünf Jahre

Die Neos-Mediensprecherin plädiert jedenfalls für den Erhalt: "Ob dies in Form einer Genossenschaft geschieht, ähnlich der deutschen Tageszeitung taz oder des Schweizer Onlinemagazins Republik, oder eine gänzlich andere Form gefunden wird, muss ebenso diskutiert werden, wie die Überbrückungsfinanzierung." Sie schlägt eine Finanzierung über fünf Jahre mittels degressiven Modells vor. Was das konkret bedeutet? "Um diese Finanzierung zu erhalten, muss die 'Wiener Zeitung' im Gegenzug für den Bund für diese fünf Jahre ein Projekt umsetzen, etwa – als zeitgemäße Fortführung und Erweiterung des Amtsblatts – die Open Data-Aktivitäten der Regierung gebündelt mit journalistischem Know-how voranzutreiben und auf einer Plattform darstellen."

Nach fünf Jahren solle "das Betreiben der Plattform ausgeschrieben werden, um auch anderen potentiellen Betreiber_innen die Möglichkeit zu geben, ihre Leistungen anzubieten", schreibt sie. Der "Wiener Zeitung" stünde dann – neben den Finanzierungsmöglichkeiten über Leser bzw. Inserenten – das Instrument der Presseförderung zur Verfügung, so Brandstötter: "Die Presseförderung wollen wir überdies verzehnfachen, während wir die Inserate der öffentlichen Hand von derzeit 200 Millionen Euro (im Corona-Jahr 2020 sogar 222 Mio Euro) auf ein Zehntel absenken möchten."

Somit gäbe es ein "solides Budget für Qualitätsmedien und zugleich deutlich weniger Einfluss der Politik über Inserate", heißt es. (red, 22.3.2021)