Jasmin Braun (Alexandra Maria Lara, re.) verhört in "8 Zeugen" das Kindermädchen Carla (Nilam Farooq).

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Die Tochter eines Berliner Stadtpolitikers wurde entführt. Beim Museumsbesuch mit dem Kindermädchen Carla explodierte die Rauchbombe. Als sich der Nebel lichtete, war das Kind verschwunden. Zum Zeitpunkt der Tat befanden sich acht Menschen im Raum. Keiner von ihnen will es gewesen sein. Das Kind ist fort, von der Täterin, vom Täter fehlt jede Spur. Die Polizei weiß nicht weiter, also holt sie die Kriminalpsychologin Jasmin Braun (Alexandra Maria Lara).

Braun gilt auf ihrem Gebiet als Koryphäe. Sie nimmt sich die Zeugen einzeln vor. Jedes kleinste Detail kann helfen. Doch das Gehirn spielt die tollsten Streiche, trickst und fakt, Braun weiß das. Mit den Erkenntnissen der modernen Neurowissenschaft stellt sie sich der trickreichen Aufgabe. Die Zeit drängt.

Gespräche unter Druck

Das ist kurz erzählt die Ausgangssituation der acht Folgen von 8 Zeugen von Jörg Luhdorff und Christian Rohde, ab Donnerstag abrufbar. In jeder Folge befragt die Psychologin je einen Zeugen, vom Kindermädchen bis zum Berufskollegen. Sie führt ihre Gespräche unter hohem Druck, nicht zuletzt weil innerhalb der Kripo Skepsis gegenüber ihrer neumodischen Art der Befragung herrscht. Das hinterlässt Spuren.

(v.l.) Amin Halba (Rauand Taleb), Ruth Meller (Ursula Werner), Theresa Stern (Milena Tscharnthe), Max Felsner (Sylvester Groth), Dr. Jasmin Braun (Alexandra Maria Lara), Dr. Konrad (Johann von Bülow), Johanna Weiher (Hanna Plaß), Carla Perera (Nilam Farooq), Dominik Braun (Hannes Wegener)
Foto: TVNOW / Hardy Brackmann/Benno Kraehahn
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Am Ende ergibt sich daraus ein relativ konzentriert gebautes Kammerspiel, das sich recht eindeutig von der US-Massenware abhebt und mit dem sich TV Now heuer stärker als Serienplattform präsentieren will. Das Onlineportal aus dem Hause Bertelsmann/RTL kam Ende Dezember 2020 auf rund 1,28 Millionen zahlende Kunden und verbesserte sich damit um 64 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zu verdanken ist das vor allem jederzeit verfügbaren Reality-Trash-Formaten wie Love Island, Bachelor – im Vergleich mit 200 Millionen Netflix-Nutzern und 100 Millionen Abonnenten von Disney Plus erscheint das mickrig und die Strategie als heikel.

Die Investitionen schlagen sich in den Bilanzen vorerst noch mit Anlaufverlusten in der Höhe von 55 Millionen Euro allein im Jahr 2020 nieder. 2021 sollen diese sogar rund 150 Millionen Euro betragen. Doch Streaming ist das neue Gold, daran glaubt auch RTL und will die Programminvestitionen in TV Now sowie in den niederländischen Anbieter Videoland auf bis zu jährlich 350 Millionen Euro steigern. Die Zahl der Abonnenten soll bis dahin auf rund fünf bis sieben Millionen wachsen, der Umsatz auf 500 Millionen. Im Laufe des Jahres wird TV Now zudem in RTL Plus umbenannt.

Vorteil Zweitverwertung

Der Vorteil für die Mediengruppe ist die Zweitverwertung: Originalserien laufen zuerst auf TV Now, später auf einem der RTL-Sender. "Streaming und Broadcasting gehen bei der Mediengruppe RTL Hand in Hand", sagt deren Sprecherin Julia Kikillis. "Ein Großteil der TV-Now-Originals wird deshalb auch bei RTL oder Vox zu sehen sein." 8 Zeugen werde voraussichtlich im Herbst beim Schwestersender Vox ausgestrahlt. Angekündigte Serien wie etwa Der König von Palma mit Henning Baum sollen nach der Onlinepremiere bei RTL zu sehen sein.

Daneben gibt es Originals wie zum Beispiel KBV – Keine besonderen Vorkommnisse mit Jürgen Vogel und Annette Frier, die ausschließlich auf TV Now abrufbar sind. Man wolle Serien "das perfekte Umfeld" bieten, sagt Kikillis. In dieselbe Kerbe schlägt Joyn. Der deutsche ProSiebenSat1-Streamingdienst fährt ebenfalls eine Programmstrategie mit rund 20 Originals in diesem Jahr.

TV Now setzt dabei vor allem auf aufsehenerregende Stoffe wie Ferdinand von Schirachs Glauben, Faking Hitler um die gefälschten Hitler-Tagebücher oder Agentenklamauk mit David Hasselhoff und Henry Hübchen. (Doris Priesching, 23.3.2021)