Schulen auf oder zu? Ein paar Extratage Ferien, um das pandemische Geschehen wieder einzufangen? Die Antworten auf diese Fragen zeigen kein einheitliches Meinungsbild.

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Zwei Wochen plus ein Wochenende oder insgesamt 16 Tage sind schon in normalen Zeiten viel, in der Pandemie aber wäre das ein Interventionszeitraum, der richtig viel Druck aus dem Corona-Kochtopf herausnehmen könnte. Diese Auszeit ließe sich durch eine Verlängerung der Osterferien um die vier Schultage nach Ostermontag lukrieren – und das sollte genutzt werden, hatten zuletzt Komplexitätsforscher Peter Klimek und Epidemiologe Gerald Gartlehner vorgeschlagen.

Eine Idee, die jedoch auf geteilte Zustimmung stößt: Der Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen ist dagegen und will zumindest regional auch den älteren Schülerinnen und Schülern die Rückkehr vom Schicht- und den Präsenzbetrieb an fünf Tagen ermöglichen. Pflichtschullehrergewerkschaftschef Paul Kimberger (FCG) hingegen meint: "Da und dort wird man Verschärfungen brauchen." Konkreter war die Unabhängige Lehrer*innenvertretung ÖLI-UG, die regionale Schulschließungen nach Ostern für zwei Wochen und Fernunterricht ohne mögliche Präsenzphasen fordert, bis die Sieben-Tage-Inzidenz auf das derzeitige Niveau Vorarlbergs gesunken sei.

Derzeit sind 24 Schulen in Österreich geschlossen

Der aktuelle Stand in den Schulen sieht so aus: Vorige Woche gab es bei 1,6 Millionen Corona-Schnelltests 1325 positive Resultate (1015 Schüler, 310 Lehr- und Verwaltungspersonal). In dieser Zahl noch nicht enthalten sind die erstmals durchgeführten Freitagstests, denn ab jetzt wird drei- statt zweimal wöchentlich getestet. 24 Schulen sind aktuell wegen Corona geschlossen.

Nicht nur gegen Schulsperren und nicht für eine Verlängerung der Osterferien sind auch die Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens 2011 rund um den Industriellen Hannes Androsch. Sie setzen (wie die Neos) auch auf häufigere und genauere Tests, sagte etwa der Autor und ehemalige Schuldirektor Niki Glattauer: "Die Schule soll nach Ostern zumindest so wie jetzt weitergehen."

Schnelltests, aber bitte richtig!

Bei den laufenden Antigentests in den Schulen sieht auch der wissenschaftliche Leiter der PCR-Gurgelstudie in den Pflichtschulen, Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien, noch Luft nach oben: "Wir müssen noch besser kommunizieren, wie man die Selbsttests einsetzt", sagt er im STANDARD-Gespräch, zumal es Hinweise gebe, wonach nicht alle Schülerinnen und Schüler, zumal die jüngeren, die "Nasenbohrertests" immer richtig anwenden. Richtig heißt: Bei offenem Fenster vorher schnäuzen, dann testen, danach wirklich 15 Minuten auf das Ergebnis warten und es von Erwachsenen ablesen lassen, betont Wagner: "Auch schwache Farbbanden auf dem Testkit können positiv sein, darum die volle Wirkzeit abwarten. In vielen Klassen lesen die Kinder die Tests selbst aus, auch das ist eine Fehlerquelle, die wir vermeiden müssen."

Doppelt getestet hält besser

Grundsätzlich gelte nach wie vor: So oft testen wie möglich, was aber auch eine Ressourcenfrage sei, sagt Wagner. Er schlägt vor, dass bei einem einzigen positiven Fall die gesamte Klasse am Folgetag und zwei bis drei Tage später noch einmal mittels PCR-Gurgeltests getestet werden solle, um wirklich alle Infizierten herauszufischen und Clusterbildungen zu vermeiden: "Mit mobilen Testteams ist das auch am Land relativ kurzfristig umsetzbar. Natürlich hat eine generelle Schulsperre epidemiologisch immer einen großen Effekt, aber zu einem hohen Preis. Langfristig sollte man zumindest in Ballungszentren auf systematisches Gurgeln bereits zu Hause und nachfolgende PCR-Tests umsteigen, um Schulschließungen zu vermeiden."

Was passiert, wenn Handel offen und Schulen zu?

Der Leiter der Kinderklinik der Med-Uni Innsbruck, Thomas Müller, empfiehlt quasi einen epidemiologischen Doppelpass: "Wir müssen die nächsten zwei Wochen nützen, um die Ergebnisse der ,Nasenbohrertests’ in den Schulen mit jenen der PCR-Gurgelstudie und dem allgemeinen Infektionsgeschehen in der Gesamtbevölkerung regional abgleichen." Er ist daher – "auch wenn es mir in der Seele wehtut, aber man muss auch realistisch bleiben" – für eine Verlängerung des Distance-Learning nach Ostermontag um vier Tage, "aber regional unterschiedlich, weil wir derzeit ein Ost-West-Gefälle aufgrund der unterschiedlichen Verbreitung der britischen Virusvariante haben".

Diese "Pause" könnte wichtige Hinweise liefern, "wo und wie wir nachjustieren müssen, weil wir erstmals sehen, was passiert, wenn der Handel offen ist und die Schulen zu sind. Nur Zeit zu schinden wie im Fußball geht sicher nicht. Wir brauchen eine Strategie für die Zeit nach Ostern." (Lisa Nimmervoll, 23.3.2021)