Gute Zug- und Busverbindungen sind für den Umstieg auf Öffis erfahrungsgemäß wichtiger als niedrige Preise.

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Wien – Klimaticket heißt der Wahlkampfschlager 1-2-3-Ticket nun ganz offiziell. Viel Zeit, das dazugehörige Gesetz zu begutachten und Stellungnahmen abzugeben, bleibt der interessierten Öffentlichkeit nicht. Denn der von den Regierungsparteien via Initiativantrag in den Nationalrat eingebrachte Gesetzentwurf geht am Dienstag durch den Verkehrsausschuss und am Donnerstag ins Plenum.

Viel Überraschendes ist im One-Mobility-Gesetz, das auch die Einführung des Klimatickets umfasst, nicht enthalten. Wie DER STANDARD bereits im Vorjahr berichtete, wird im Einfluss des Verkehrsministeriums diese One Mobility GmbH gegründet. Ihr obliegen Herausgabe und Vertrieb des 1-2-3-Klimatickets – wobei es sich dabei nur um die österreichweite Netzkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Republik handelt.

Hoheitsgebiet

Die erste Stufe um 365 Euro pro Jahr für ein Bundesland kann vom Bund ebenso wenig verordnet werden wie die Zweierstufe für zwei Bundesländer. Für beides fehlt dem Bund gemäß dem Gesetz für den Öffentlichen Nah- und Regionalverkehr die Tarifhoheit, also die Kompetenz. Beides obliegt den Bundesländern und ihren Verkehrsverbünden. Sie decken den Finanzbedarf ihrerseits über den Bund, diesfalls im Wege des Finanzausgleichs.

Nach Vorstellung von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) soll diese One Mobility GmbH nicht lang im Vollbesitz des Bundes bleiben. Kommunale Stadtwerke, Verkehrsverbünde, Verkehrsunternehmen wie die ÖBB oder andere Gebietskörperschaften können sich an der Gesellschaft beteiligen, sodass diese im Vollausbau nur noch zu 25 Prozent dem Bund gehört. All das wird wie auch die Bestellung der One-Mobility-Geschäftsführung in Absprache mit dem Finanzministerium fixiert. Einzig die erste, für die Zeit der Ausschreibung (längstens neun Monate) in der Anlauf- und Aufbauphase ernannte Geschäftsführung darf vom Ministerium installiert werden.

Sechs Millionen für IT

Wie sehr die ÖBB hier mitredet, wird mit Spannung erwartet – bringt die Bundesbahn doch ihr Ticketsystem ein, das um 131 schlanke Millionen Euro aufgebaut wurde. Selbiges wird nun um weitere sechs Millionen Euro aufgestockt. Diese dienen laut Verkehrsministerium dem Aufbau von IT-Schnittstellen zu den Erlössystemen der Verkehrsverbünde und teilnehmenden Unternehmen.

Die insbesondere seitens der Oppositionsparteien FPÖ und SPÖ angemeldeten Zweifel an den Erfolgsaussichten des neuen Klimatickets dürften im Ausschuss erneut Thema sein. Die Hoffnung auf Verlagerung des Pendlerverkehrs von der Straße auf die Schiene könnte überschätzt sein. Diesen Schluss legen die Zuwächse des Pkw-Bestands in den vergangenen Jahren nahe. Der Pkw-Bestand nahm seit 2010 in allen Bundesländern zu, selbst in jenen mit gut ausgebautem Öffi-Netz wie Wien und Vorarlberg.

Pkw-Bestand steigt

Die Zahl der in Umlauf befindlichen Pkws stieg in Vorarlberg von 185.857 im Jahr 2010 auf 218.239 im Jahr 2020. Das größte Flächenbundesland, Niederösterreich, überstieg mit 1.113.849 Pkws sogar die Million. Nicht einmal in der Bundeshauptstadt Wien waren weniger Pkws registriert, deren Zahl stieg im Verhältnis zur rasant wachsenden Bevölkerung moderat von 669.279 auf 718.819. Das gebremste Wachstum sei vor allem auf die Parkraumbewirtschaftung zurückzuführen, sagen Experten, nicht auf die 365-Euro-Jahreskarte. (Luise Ungerboeck, 22.3.2021)