Nigerianische Sicherheitskräfte, wie hier im Bild, zogen gegen Boko Haram zuletzt häufig den Kürzeren.

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Abuja/London – Angesichts der zunehmenden Gewalt der Terrormiliz Boko Haram in Nigeria fordert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ein dringendes Einschreiten der nigerianischen Behörden sowie Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Die jüngsten Attacken der islamistischen Gruppierung, die vor allem auf Frauen und Mädchen abzielten, stellten Kriegsverbrechen dar, hieß es in einer Aussendung am Mittwoch.

Während Boko Haram den "schonungslosen Kreislauf von Tötungen, Entführungen und Plünderungen" fortsetze, zielten die Terroristen auch auf Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen und andere an diesen ausgeübte sexuelle Gewalt ab. "Diese Abscheulichkeiten sind Kriegsverbrechen", sagte Osai Ojigho, der Direktor von Amnesty International Nigeria.

Auch minderjährige Täter

Überlebende und Augenzeugen berichteten laut Amnesty von mehreren Attacken im nördlich gelegenen Teilstaat Borno, der als "Heimat" von Boko Haram gilt. Die Terroristen würden die Dörfer vor allem in der Nacht überfallen, Häuser plündern und Menschen wahllos erschießen. Manche der Täter seien noch minderjährig.

Zahlreiche Frauen und Mädchen berichteten von Vergewaltigungen durch mehrere Männer, teilweise würden Frauen auch auf Motorrädern entführt und erst nach einigen Tagen mit "klaren Anzeichen eines Traumas" wieder zurückgebracht. Keine der von Amnesty im Februar und März interviewten 22 betroffenen Personen hatte Zugang zu Gesundheitsversorgung. Zudem hätten viele Frauen und Mädchen auch Hemmungen, über die Gewalt, die ihnen angetan wurde, zu sprechen. So würden viele ähnlich gelagerte Fälle gar nicht ans Tageslicht gelangen.

Dringendes Einschreiten

Die betroffenen Communitys seien von den staatlichen Sicherheitskräften, die sie eigentlich beschützen sollten, "im Stich gelassen" worden, kritisierte Amnesty. Die nigerianischen Behörden müssten hier "dringend" einschreiten, denn die humanitäre Krise verschärfe sich von Tag zu Tag. Zudem müsse der IStGH (ICC) umgehend eine umfassende Ermittlung der "von allen Seiten begangenen Gräueltaten" starten, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, forderte die Menschenrechtsorganisation.

Die Terrorgruppe Boko Haram terrorisiert die Bevölkerung im Nordwesten Nigerias und mittlerweile auch in den Nachbarländern wie dem Tschad, Niger und Kamerun. Sie setzt sich für die Einführung der Scharia in ganz Nigeria ein. Nigerias Armee hatte bereits vor geraumer Zeit ihren militärischen Sieg gegen die Gruppe verkündet. Vor allem in letzter Zeit hat deren Kampagne aber wieder massiv Fahrt aufgenommen. (APA, red, 23.3.2021)