Standen mit Mächten der Finsternis im Bunde und infiltrierten harmlose Babyboomer: Black Sabbath, Hardrocker aus Birmingham.

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Die Pandemie nimmt kein Ende: Noch immer durchstoßen viel zu wenige Impfnadeln unsere blasse Wohlstandshaut. Auch österliches Ungemach scheint unabwendbar. Wir Ostösterreicher werden uns die Bierbänke, vollbeladen mit toten Tieren und frisch geriebenem Kren, aller Voraussicht nach aufmalen dürfen.

Bürgermeister Michael Ludwig, dessen Physiognomie einige lukullische Versiertheit verrät, wird den Wienerinnen und Wienern wohl keinen Osterbock unter freiem Himmel zapfen. Er wird auch keine frischen Lämmchen für uns behutsam am Spieß drehen. Doch alle Entbehrungen, die unsere Geduld hart auf die Probe stellen, dürfen eines nicht: unser Geschichtsbewusstsein trüben. Denn Angst vor Ansteckung, vor bitterer Immunschwäche, steckt Österreichern aller Couleur und Geschlechter seit Kriegsende tief in den Knochen.

Ansteckungshorror und Infiltrationspanik? Waren mir kleinem, vollschlankem Babyboomer tagtäglich vertraut. Obwohl Reformer rund um Bruno Kreisky die Hirne mit fortschrittlichen Gedanken fluteten: Hinter jedem Gebrechen, jedem Wasserrohrbruch steckten für meine Eltern und deren Gesinnungsfreunde selbstredend unsichtbare Verschwörer. Deren finstere Absicht war nichts Geringeres als die Errichtung eines kommunistischen Weltreichs von Bludenz bis Wladiwostok.

Lauter Werke des KGB

Die letzte Teuerungswelle? Ein Werk des KGB. Selbst die Sozialkritik von Fernsehautoren wie Peter Turrini und Wilhelm Pevny ("Die Alpensaga"!) war von Kreml-Agenten von langer Hand vorbereitet gewesen. Das Abendland, von Hitlers Zivilisationsbruch nur unzulänglich genesen, ging mit jedem Beatles-Hit ein Stück weiter vor die Hunde. Und ich? Kaufte mir, kaum dass mir ein Anflug von Bart spross, ein Album der Hardrock-Ikonen Black Sabbath. Deren mutwillig dumpfes, magenumdrehendes Gepolter brachte die Teller in Mamas Vitrine wohltuend zum Klingeln.

Der einberufene Familienrat gelangte zu folgendem, dünnlippigem Schluss: Ich Kerl war vom Virus des Aufruhrs befallen. Mir konnte nicht geholfen werden. Ein Vakzin gegen Rock’n’Roll war in diesen Tagen der Maul- und Klauenseuche zur Gänze unbekannt. (Ronald Pohl, 24.3.2021)