Seit 2017 gibt es in Deutschland einen eigenen Straftatbestand für illegale Autorennen.

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Das Urteil gegen einen Autofahrer, der bei einem illegalen Straßenrennen in Nordrhein-Westfalen eine unbeteiligte Verkehrsteilnehmerin getötet hatte, wurde vom deutschen Bundesgerichtshof aufgehoben. Das Landgericht Kleve hatte den Mann wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er habe sich bei seiner Fahrt mit dem Tod von unbeteiligten Verkehrsteilnehmern abgefunden und damit den notwendigen Eventualvorsatz erfüllt, so die Argumentation. Die Entscheidung gegen einen zweiten Angeklagten, der wegen "verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt wurde, blieb aufrecht.

Der Unfall hatte sich am Ostermontag 2019 in Moers, Nordrhein-Westfalen, ereignet. Zwei Männer fuhren mit ihren hochmotorisierten Fahrzeugen mit maximaler Beschleunigung auf einer nahezu geradlinig verlaufenden Vorrangstraße. Der zur Tatzeit 22-jährige Hauptangeklagte nutzte auch die Gegenfahrbahn und erreichte dabei eine Geschwindigkeit von 157 km/h. In diesem Moment bog etwa 100 Meter vor ihm eine Frau auf die Straße ein. Trotz eines sofort eingeleiteten Bremsvorgangs brachte der Raser sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen. Die Frau erlitt schwerste Verletzungen, an denen sie wenig später im Krankenhaus verstarb. Laut Anklage habe sich der Mann am Unfallort nicht um die Schwerstverletzte gekümmert, sondern sei geflohen.

Umstrittene Rechtsfrage

Mordurteile gegen Raser werden auch in juristischen Kreisen breit debattiert. Findet sich jemand, der ein illegales Straßenrennen veranstaltet, mit dem Tod von unbeteiligten Verkehrsteilnehmern ab? Sollte er deshalb wegen Mordes verurteilt werden? Im Falle eines 2017 am Kurfürstendamm in Berlin ausgetragenen Straßenrennens bestätigte der Bundesgerichtshof das Mordurteil gegen einen von zwei Angeklagten.

In der aktuellen Entscheidung habe das Erstgericht den bedingten Tötungsvorsatz bei der hochriskanten Verhaltensweise im Straßenverkehr allerdings nicht ausreichend dargelegt, erklärte das Höchstgericht. Das Landgericht habe insbesondere nicht hinreichend bedacht, dass der Angeklagte Vorrang hatte und möglicherweise auf die Einhaltung der Haltepflicht des Querverkehrs vertraute. Ein solches Vertrauen auf das Ausbleiben eines Unfalls stünde einem Mordvorsatz entgegen. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil daher auf und verwies das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung zurück an die erste Instanz.

Eigener Straftatbestand

Illegale Straßenrennen sind seit 2017 in Deutschland auch per Strafgesetz verboten und können mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert werden. Ein entsprechender Tatbestand ist dem gerichtlichen Strafrecht in Österreich fremd. Allerdings greifen bei der konkreten Gefährdung von Menschen die Tatbestände der "Gefährdung der körperlichen Sicherheit" und der "vorsätzlichen Gemeingefährdung". Werden Personen getötet oder verletzt, kommen vor allem die Fahrlässigkeitsdelikte zur Anwendung. (Jakob Pflügl, 24.3.2021)