Das Straflandesgericht Wien liegt in Sichtweite zum Wiener Rathaus, in dem ein 43-jähriger Angeklagter bis Mai 2020 als Pressesprecher für die Vizebürgermeister Gudenus und Nepp gearbeitet hat.

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Wien – Bei Ludwig XIV. hatte der Ausspruch "Der Staat bin ich" durchaus eine gewisse Berechtigung. Beim 43-jährigen Angeklagten K. ist die Aussage "Ich bin der Staat" eigentlich schon etwas weniger bedrohlich. Schließlich war der Unbescholtene damals Pressesprecher der von der FPÖ gestellten Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus und Dominik Nepp. Drei Männer, zwei davon Ex-Männer von K.s Gattin, fühlten sich aber durch seine Aussagen bedroht genug, dass sie ihn mit einer Anklage wegen schwerer Nötigung vor Richter Johannes Varga brachten.

Bei drei Gelegenheiten soll K. zwischen Dezember 2019 und März 2020 versucht haben, mit seinem angeblichen Einfluss und seinen Kontakten seine Kontrahenten einzuschüchtern. Beim ersten Anklagepunkt ging es um ein Telefonat. K.s Ehefrau sprach mit ihrem Ex-Mann, der Angeklagte nahm das Telefon und verlangte einen besseren Umgangston des Ex-Mannes.

"Ich bin der Staat. Wir machen dich fertig!"

"Ich bin der Staat. Wir machen dich fertig!", beschied er dem Unternehmer. K. gab sich als "Intimus der Landespolizeidirektion und des Magistrats" aus, der die Geschäfte des Ex-Mannes zusperren lassen könne. Denn: "Sie sind ein Wurm!", formulierte er das vermeintliche Machtgefälle. Da es aber schon zuvor Drohungen gegeben hatte, schnitt der Ex-Mann das Gespräch mit.

Einen weiteren Ex-Mann, Mitglied einer bekannten Wiener Gastonomen-Familie, traf K. im März vor einem Spital. In dem lag die Tochter des Gastronomen und K.s Gattin, um das Kind tobte beziehungsweise tobt ein Obsorgestreit. Auch diesem Opfer drohte K., er werde ihm "jede Woche die Behörden ins Geschäft schicken, von Marktamt bis Finanzamt".

Auf ein Schreiben des Rechtsanwalts des zweiten Ex-Mannes reagierte der Angeklagte ebenfalls ungehalten: Er schrieb ihm, er werde seine Kontakte zum Präsidenten der Rechtsanwaltskammer spielen lassen und an die mediale Öffentlichkeit gehen, um ein Berufsverbot des Anwalts zu erwirken.

Sondervertrag nach 20 Jahren gelöst

Die Medien interessierten sich tatsächlich für die Angelegenheit, allerdings nicht in K.s Sinne. Nachdem die Drohungen bekannt wurden, verlor er nach 20 Jahren beim Magistrat seinen unbefristeten Sondervertrag und war zwei Monate arbeitslos, erklärt er dem Richter.

Vor dem sich der Angeklagte zerknirscht gibt. "Es war eine völlig falsche und unrichtige Verhaltensweise", gibt er zu und bekennt sich schuldig. Es seien "Akte der Verzweiflung" gewesen in der Auseinandersetzung mit den Ex-Partnern seiner Frau. Seinen damaligen Job beschreibt er so: "Ich war ein kompetenzloser Pressesprecher, der von der Verwaltung dem Vizebürgermeister zugeteilt wurde." Noch dazu einem von der FPÖ, daher hätte ein Anruf von ihm bei einer Magistratsabteilung wohl eher nicht zum gewünschten Erfolg geführt, ist K. überzeugt.

Wunsch nach Frieden

Da auf die Einvernahme der Opfer verzichtet wird, kann K. seine Ankündigung, sich bei diesen zu entschuldigen, nicht umsetzen. Im Gerichtssaal offenbart er: "Ich wünsche mir sehnlichst, dass endlich Frieden einkehrt." Und selbst, wenn "die Herren" kein Ende des Streits wollten, gäbe es unschuldige Opfer, die sie im Kopf behalten sollten. "Sie sollten an ihre Kinder denken", formuliert er Helen Lovejoys Standardspruch aus den "Simpsons" um.

Richter Varga entscheidet sich für eine Diversion. Wenn K. innerhalb von zwei Wochen eine Geldbuße von 3.840 Euro (entspricht 120 Tagessätzen) plus 160 Euro Gerichtskosten zahlt, wird das Verfahren eingestellt. "Der Schuldgehalt liegt zwar im obersten Bereich, aber der Angeklagte hat auch bereits spürbare Folgen aus seinem Verhalten erlitten", begründet Varga. K. und seine Verteidiger nehmen an, der Staatsanwalt gibt keine Erklärung ab, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 23.3.2021)