Vor dem Staatsakt verkündete Markus Söder die Verlängerung des Lockdowns.

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Es ist ziemlich leer im Plenum des Bayerischen Landtags an diesem Dienstag. Auf der Regierungsbank sitzt niemand, doch es stehen dort große Gebinde aus weißen Blumen zwischen den Wänden aus Plexiglas, die vor Ansteckungen durch Corona schützen sollen.

Corona ist auch an diesem Dienstagnachmittag das Hauptthema. Aber es geht nicht um Verordnungen und Paragrafen. Als erstes deutsches Bundesland hält Bayern einen Staatsakt für jene 13.020 Menschen ab, die in Bayern im vergangenen Jahr an und mit Corona gestorben sind.

Kerzen in dunkler Nacht

"Sie sind nicht mehr da, sie kommen nicht mehr zurück, sie fehlen", sagt Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Zuvor waren bei der Liveübertragung unzählige Kerzen in dunkler Nacht gezeigt worden. Daneben war die Zahl der Toten eingeblendet: wie sie seit März 2020 immer weiter anwuchs bis zum heutigen Tag mit 13.020. "Das ist eine unvorstellbare Zahl", sagt Aigner und erklärt, warum sie gemeinsam mit Söder diese Trauerfeier abhalten wollte: "Hinter den bloßen Zahlen stehen Schicksale. Wir wollen das Unvorstellbare sichtbar machen."

Sie erinnert an einen 80-jährigen ehemaligen Gymnasiallehrer aus Würzburg, der im Pflegeheim erkrankt war. Seine Frau, ebenfalls infiziert, konnte nicht bei ihm sein und sich auch nicht verabschieden, als er starb. Aigner erwähnt auch einen guten Bekannten von ihr, 54 Jahre alt. "Er stand mitten im Leben, wo er sich infiziert hatte, weiß niemand. Zwischen dem positiven Test und seinem Tod lag ein Tag." Drei Wochen später sei auch sein Vater gestorben. Aigner spricht aber auch eine Mahnung aus: "Corona leugnen ist brandgefährlich, es verhöhnt auch die Opfer."

Ein Toter pro Stunde

Söder spricht in seiner Rede darüber, was seit langem für ihn "der schlimmste Moment des Tages" sei: jeden Morgen, wenn er auf sein Smartphone blicke und die Zahl der Neuinfektionen sowie die Anzahl der in den vergangenen 24 Stunden Verstorbenen ablese. Manchmal sei in Bayern "ein Mensch pro Stunde" gestorben. Auch er geht auf Corona-Leugner ein und sagt: "Das ist ein Ignorieren von Schicksalen."

Wenn er höre, dass manche Menschen meinen, jeder müsse irgendwann mal sterben, dann könne er das nicht akzeptieren. Söder: "Wenn man den Schutz des Lebens so diskutiert, verlässt man die Grundlagen der Gesellschaft."

Doch auch an diesem Tag kommt Söder nicht ohne die Erwähnung von Ischgl aus. Er erinnert an einen 54-jährigen Mann, der dorthin gereist sei, um Ski zu fahren: "Acht Tage nach seiner Rückkehr starb er an multiplem Organversagen."

"Es ist wichtig, dass wir für die Verstorben eine Kerze anzünden. Wir werden die Toten nicht vergessen, wir beten für sie", sagt er und räumt, mit Blick auf die neuen harten Lockdown-Beschlüsse ein: "Ich bin niemandem böse, der keine Lust mehr hat." Aber man müsse auch in den nächsten Wochen "versuchen, den richtigen Weg zu finden". (Birgit Baumann aus Berlin, 23.3.2021)