Nicht meine Schuld, dieser Beitrag. Ich sag es lieber gleich. Bei der unlängst erschienenen Gebrauchtwagen-Geschichte kam in einem Posting die Rede auf eine der größten Verfehlungen, die ich mit einem Autos machte. Und ich habe mich gewunden, geniert, wieder gewunden – weil eine solche Erzählung ja nur unterstreicht, was viele Posterinnen und Poster schon zu wissen meinen, nämlich dass ich keine Ahnung von Autos hätte. Aber bitte: Hier ist sie – eine meiner größten Autosünden. Und ja, derer gibt es mehrere. Aber fangen wir einmal mit der hier an:

Der Jeep Cherokee – der rechts – hat schon viel mitgemacht und musste etwa als Gegner für einen Vergleichstest mit einem aktuelleren Nachfolger herhalten.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Jeep Cherokee. Erste Generation. Und der rannte mir so rein: Ich hatte vor einigen Jahren eine Almhütte, zu der ich mit einem normalen Auto nicht hinkam. Also musste ein Geländewagen her. Mein Traum wäre ein Fiat Panda gewesen – erste oder zweite Generation, Allradantrieb, rostfrei und günstig. Alternative: ein Suzuki SJ410, Benziner, mit Fetzendach, ebenfalls rostfrei und günstig. Günstig war dort und da das geringste Problem. Eine durchgehende Bodenplatte schon eher.

Vier Zylinder statt vier Liter

Irgendwann stand in der Werkstatt eines Freundes ein Jeep Cherokee XJ, den der Besitzer eigentlich nicht mehr haben wollte. Der Innenraum war ganz okay, der Unterboden komplett verrostet, und er hatte einen Vierzylinder statt des begehrten 4.0-Sechszylinders. Aber he, immer noch besser, als zu Fuß zur Hütte zu gehen. Ach ja, billig war er auch nicht.

In den 90ern war er noch eckig, der Cherokee, später wurde er deutlich runder.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Mit dem befreundeten Mechaniker hab ich mich erst ein paar Wochen bevor mir der XJ reinrannte übers Trockeneisstrahlen unterhalten. Eine sensationelle Technik, bei der man mit gefrorenen Kohlendioxid-Kügelchen jeden Dreck vom Blech kriegt. Also ähnlich wie Sandstrahlen, nur dass beim Sandstrahlen die Gefahr besteht, dass Sandkörner dort und da in einem Falz hängen blieben und das Blech beim Fahren langsam aufreiben. Außerdem ist Trockeneisstrahlen schonender, Dreck entsteht bei Eisstrahlen auch weniger, weil das Kohlendioxid ja verdampft, während der Sand dir die ganze Werkstatt und Nachbarschaft versaut. Also habe ich beschlossen, den Cherokee zu kaufen und ihn Jeep eiszustrahlen. Wir haben eine Maschine gemietet, und jede Stunde kam ein Lieferant mit einem Nachschub an Eis, das uns schneller ausging als das Werkstattbier.

Trockeneisstrahlen

Die gute Nachricht: Eisstrahlen funktioniert fantastisch. Solange man genug Luftdruck hat. Und solange man nicht versehentlich auf sprödes Plastik trifft. Die alten Kabelummantelungen im Motorraum schauen heute noch aus, dass jeder Emmentaler neidig wird. Schlechte Nachricht: Die Sauerei, die beim Trockeneisstrahlen entsteht, ist unvorstellbar. Die kleinen Dreck- und Lack- und Unterbodenversiegelungspartikel, die man abschießt, brauchen Tage, um sich im entferntesten Raum der Werkstatt wieder irgendwo abzulegen. Ich hatte also fast zwei Wochen lang täglich eine Einladung zum Saubermachen. Aber wurscht. Der Unterboden war danach perfekt. Wie neu. Ein Traum. Schade, dass das Strahlen so viel mehr Geld verschlungen hat, als wir dachten, aber gut.

Die Aufnahmen machten wir im Offroadzentrum in Stotzing, das der Cherokee bis dahin schon leidvoll kennen sollte.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Weil alles so schön und wir so glücklich waren, haben wir den Unterboden mit Seilfett versiegelt. Das ist das Beste, was man, meiner Meinung nach, dem Unterboden eines alten Autos antun kann. Ist zwar eine unglaubliche Dreckshacke, bis das Fett überall drauf ist – ja, es versaut einen selbst und wieder die ganze Werkstatt –, aber es ist günstig, fast durchsichtig, es klebt – was beim Putzen ein Horror ist –, aber es hat einen weiteren Vorteil: Wenn es später unterm Fahren heiß wird, wird es flüssig und verteilt sich dabei so, dass selbst Lücken geschlossen werden, wenn irgendwo ein Steinderl hinfliegt und den Unterbodenschutz entfernt. Das Einfetten ist also eine mühsame Arbeit, aber am Ende die perfekte Lösung.

Offroadzentrum Stotzing

Ein paar Wochen nach dem Kauf stand der Cherokee schöner da, als er am Tag seiner Auslieferung war. Der Unterboden war eine Augenweide, der Innenraum generalgereinigt, notwendige Reparaturen erledigt, und als der Mechanikerfreund endlich das Pickerl auf die Windschutzscheibe klebte und damit nicht nur die Reparatur beendete, sondern auch einen Schlussstrich unter die Rechnung setzte, war klar: Jetzt müss ma den Feschak nur noch fahren. Eh klar, im Gelände. Gleich ums Eck haben wir da ein Paradies, das Offroadzentrum in Stotzing. Sogar der Christian Karlberger, Hausherr, Chefinstruktor und Offroadprofi, war erstaunt, wie schön der alte Jeep beinander war.

Das Bild zeigte ich schon in der Geschichte, die zu dieser nun führte – der Moment, in dem die Restauration endgültig abgeschlossen war und dem Jeep als Beweis das Pickerl verliehen wurde.
Foto: Guido Gluschitsch

Gut, geraucht hat er noch ein wenig, als wir uns in Stotzing getroffen haben. Das Seilfett, das versehentlich auf den Auspuff gekommen ist, hat sich erst an die Hitze gewöhnen müssen, die bei der Anfahrt entstanden ist. Aber das ist ja ein gutes Zeichen. Das heißt, die Schmier verteilt sich wie geplant ganz von selbst bis in die kleinste Ritze und schützt dort vor Feuchtigkeit und so vor Rostbildung.

Die Wasserdurchfahrt

Im Gelände dann wollte die Freude kein Ende nehmen. Der Jeep ist selbst dort noch problemlos raufgefahren, wo man selbst auf allen vieren Probleme mit 'm Kräulen hätte. Noch ein Riegel, noch ein Stein. Nix war dem Auto schwer genug. Und dann, die beste Idee von überhaupt. Eine Wasserdurchfahrt. Die Abfahrt dorthin war rutschig, die Durchfahrt tief und schlammig. Eine Herausforderung. Nicht zuletzt für Kennzeichenhalterungen. Aber nicht für meinen Jeep. Der pflügte da durch, als ob es nichts wäre. Es zischte und gurgelte, als der heiße Motor und der Abgasstrang in die Lettn eintauchten. Kurz danach stand ich stolz in einer Dampfwolke, die den siegreichen Cherokee umgab.

Mei, welche Freud hatten wir mit diesem Auto. Sicher eine Woche lang. Dann fuhren wir nach Stotzing, und ich machte einen Fehler, den ich bis heute bereue.
Foto: Guido Gluschitsch

Die Freude war aber schnell verflogen, als ein paar Minuten später die Wassertemperatur so stark stieg, dass die Anzeige im Armaturenbrett fast überdrehte. Ich stellte das Auto ab, öffnete die Motorhaube und sah den ersten Teil vom Desaster. Das heiße Seilfett ging mit dem Schlamm aus der Durchfahrt eine unheilige Liaison ein, die alles verpickte. Der komplette Motorraum war zugekleistert, der Kühler bekam kaum noch Luft, der ganze Unterboden war auf ewig versaut und sah schlimmer aus als vor der Restauration. Alles für die Fisch. Bis heute kann ich nicht unters Auto schauen, ohne mit den Tränen zu kämpfen.

Es sollte aber noch bis zum nächsten Winter dauern, bis mir das ganze Ausmaß des Desasters klar wurde. Der Cherokee heizte nämlich auch nicht mehr. Der Grund dafür: In der Wasserdurchfahrt löste sich ein Schlauch – beim Cherokee funktioniert die Heizung über ein Unterdrucksystem –, und alle Leitungen haben sich mit Schlamm vollgesogen. Nachdem ich alle Unterdruckschläuche demontiert und mit Druckluft durchgeblasen hatte – so kann man auch ein Wochenende verbringen –, heizt der Jeep jetzt wieder. Na ja, zumindest so wie ein Fiat Panda der ersten Generation, weil natürlich kriegt man so nicht den ganzen Dreck raus. Aber lauwarm ist immer noch besser als Eisblume.

Da kommt noch was

Nein, kein Mitleid. Wirklich nicht. Heben Sie sich das bitte auf. Das brauch ich noch. Im Sommer will ich die Bremsleitungen tauschen. Ja, die verlaufen irgendwo in der Kruste unter dem Auto durch. Fragen Sie nicht. Aber wenn Sie im Juni jemanden weinen hören, dann bin das höchstwahrscheinlich ich.

Und nein, ich weiß nicht, ob es nach Teil eins der Autosünden noch weitere Teile geben wird. Ich will Sie ja nicht langweilen. Also schimpfen Sie ruhig über diese peinliche Nabelschau, wenn es Ihnen ein Bedürfnis ist – ich verlink das dann dem Poster, der dafür verantwortlich ist, dass ich sie niedergeschrieben habe. Sollte Ihnen nach mehr solchen Geschichten sein, auch gut, ich bin ein Problembär, was Fuhrwerke angeht, und hätt für noch ein paar Teile Material. Es liegt also an Ihnen. (Guido Gluschitsch, 31.3.2021)