Im Osten Wiens betreibt Wien Energie die derzeit größte Freiflächenanlage Österreichs.

Foto: Robert Newald

Jetzt geht es um die besten Lagen. Nicht von der Windkraft ist die Rede. Obwohl dort auch ein Run auf Plätze in der zweiten Reihe eingesetzt hat, weil die allerbesten längst vergeben sind, machen jetzt vor allem Proponenten der Photovoltaik von sich reden. Sie sichern sich zuhauf freie Grundstücke in der Hoffnung, dort irgendwann Solarmodule zur Produktion von sauberem Strom aufstellen zu können. Das klingt einfacher, als es ist.

Im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ist die Sache eindeutig geregelt. Photovoltaik (PV) auf Dächern oder anderen bereits versiegelten Flächen sollen bei der Förderung Priorität haben. Für Freiflächenanlagen müssen Errichter Abschläge in Kauf nehmen. Im ursprünglichen Entwurf waren 30 Prozent weniger Förderung vorgesehen, in dem vorigen Mittwoch als Regierungsvorlage im Ministerrat beschlossenen Gesetzestext ist von 25 Prozent Abschlag die Rede. Was in den nun anstehenden Verhandlungen mit der Opposition für die Sicherstellung der nötigen Zweidrittelmehrheit herauskommt, wird sich weisen.

25 Prozent Abschlag für Großanlagen

Warum überhaupt Abschläge für Anlagen auf Grünland? Zum einen weil man einen stärkeren Anreiz schaffen will, bereits versiegelte Flächen für Solarenergie zu nutzen. Zum anderen weil Freiflächenanlagen den Ruf haben, günstiger in der Errichtung zu sein. Aber stimmt das?

Dem STANDARD liegt eine Studie der FH Technikum Wien im Auftrag des Interessenverbands Photovoltaic Austria vor, die zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt. Kosten von Freiflächen- und Dachanlagen miteinander zu vergleichen ist manchmal so, wie wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht. Während auf Dächern meist nur Platz für vergleichsweise wenige Solarzellen ist, lässt sich in der freien Fläche deutlich großzügiger disponieren. Die derzeit größte Freiflächenanlage Österreichs erstreckt sich in Wien-Donaustadt beispielsweise über mehr als zwölf Hektar.

Anschaffungskosten aufgedröselt

Die Größe einer Photovoltaikanlage wirkt sich laut Studie sehr wohl auf die Anschaffungskosten aus. Allerdings nur bis zu einer Größe von etwa 100 Kilowattpeak. Bis dorthin sinken die Kosten pro zusätzlichem Kilowattpeak stark degressiv, danach nur noch marginal. Die Anschaffungskosten für ein Kilowattpeak einer PV-Anlage von 100 Kilowattpeak sind um fast 50 Prozent geringer als bei einer Anlage von fünf Kilowattpeak. Vergleicht man aber eine Anlage mit 250 Kilowattpeak mit einer doppelt so großen, hat die 500-Kilowattpeak-Anlage bloß einen Kostenvorteil von fünf bis neun Prozent.

Foto: Der Standard

Der Grund: Ein Minimum an Kosten pro KW-Peak lässt sich nicht unterschreiten. Denn das Gros der Kosten liegt bei der Hardware: PV-Module, Wechselrichter und so weiter machen bis zu 60 Prozent der Anschaffung aus. Die Montage schlägt mit rund einem Viertel der Gesamtkosten zu Buche, Netzanschluss, Netzzutritt und die Inbetriebnahme sind für rund zwölf Prozent verantwortlich – bei Freiflächenanlagen ist der Netzanschluss signifikant teurer.

Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von Photovoltaic Austria, ist von den Studienergebnissen nicht überrascht: "Es gibt Größeneffekte auf der Freifläche, aber die gibt es auch für Dachanlagen." Das passe zum Know-how und den Erfahrungen der Branche.

Der Untergrund entscheidet

Nicht nur Anschaffung und Anlagengröße sind Kostenfaktoren. Auch das Terrain bzw. der Untergrund – also die Montageart – spielt eine Rolle. Eine idente PV-Anlage auf einem Trapezblechdach ist laut Studie am günstigsten, gefolgt von einer Anlage am Flachdach und einer Anlage auf einem Ziegeldach. Am teuersten ist dieselbe PV-Anlage, wenn sie auf der Freifläche errichtet wird, auf einem offenen Garagendach oder wenn sie direkt in die Fassade integriert wird – wobei man sich im letzteren Fall einen Teil der Kosten für die Gebäudehülle erspart, wie man bei Photovoltaic Austria hervorhebt.

Eine PV-Anlage in derselben Größe ist auf der Freifläche um bis zu 23 Prozent teurer als auf einem Dach, fasst die Studie zusammen. "Basierend auf der Montageart dürfen die PV-Freiflächenanlagen damit nicht weniger hoch gefördert werden wie vergleichbare Anlagengröße auf dem Dach", fordert daher Photovoltaik Austria. Die Reduktion der Förderhöhe einer Freiflächenanlage um, wie im EAG vorgesehen, 25 Prozent habe keine kostentechnische Grundlage. "Wenn man mit Förderabschlägen Photovoltaik auf der Freifläche verhindern will, dann soll man das sagen", sagt Paierl. "Das Kostenargument greift nicht."

Elf Terawattstunden PV-Strom bis 2030

Der frühere ÖVP-Politiker Paierl wünscht sich eine Förderlandschaft, in der es an erster Stelle um Fairness geht. "Man soll kleine Anbieter gegen kleine antreten lassen und große gegen große", fordert er. Wann man die elf Terawattstunden Strom, die bis 2030 zusätzlich von PV-Anlagen gestemmt erzeugt werden sollen, ernst nehme, komme man um Freiflächen nicht herum. "Dabei geht es um geeignete Freiflächen – nicht um die besten Böden oder Natur- und Landschaftschutzgebiete", betont Paierl.

Überhaupt glaubt man bei der Interessenvertretung, dass Photovoltaik in den kommenden Jahren teurer werden könnte. Zwar seien die Preise für Anlagen lange Zeit gesunken, eine gestiegene Nachfrage, höhere Rohstoff- und Transportkosten und besonders auch der Mangel an Flächen sowie Arbeitskräften könnten die Kosten treiben. (Aloysius Widmann, Günther Strobl, 25.3.2021)