Bis 2030 sollen 100 Prozent des in Österreich verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen. Das steht im Regierungsprogramm. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist ein erster Schritt auf dem Weg dorthin. Ohne Zutun der Länder wird es aber nicht gehen.

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Papier ist geduldig. Welches Ziel auch immer darauf festgeschrieben wird, die Erreichung desselben hängt maßgeblich von den Projekten ab, die umgesetzt werden. Das ist bei den Klimazielen so und bei den angestrebten 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen bis 2030 nicht anders. Was dazukommt: Neben dem Bund spielen bei der Energiewende in Österreich die Länder eine wesentliche Rolle.

Ein großer Brocken ist auf Bundesebene mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ins Rollen gebracht worden. Dieses sieht mehr Wettbewerb beim geförderten Ausbau von Wind-, Wasser- und Sonnenenergie vor, muss aber noch mit Zweidrittelmehrheit durchs Parlament.

Verhandlungen um Erneuerbaren-Gesetz ab Donnerstag

Am Donnerstag trifft Türkis-Grün mit der größten Oppositionspartei SPÖ zu einer ersten Verhandlungsrunde zusammen. Ziel ist eine rasche Einigung. Dann könnte das EAG doch noch vor dem Sommer verabschiedet werden.

Ob das so schnell geht, wird sich weisen und hängt wohl davon ab, ob und wie umfassend regierungsseitig auf Forderungen der SPÖ etwa nach einem Kostendeckel für Haushalte eingegangen wird. Die Branche jedenfalls hofft, dass bald Rechtssicherheit einkehrt und die vielen Projekte, die aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Grundlage in Schwebe sind, endlich in Angriff genommen werden können.

Das beste Bundesgesetz hilft aber nichts, wenn es von den Ländern nicht mitgetragen wird. Darauf haben am Dienstag einmal mehr Vertreter der erneuerbaren Energien hingewiesen. "Es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung auf allen Ebenen," sagte die Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich, Martina Prechtl.

"Die Treibhausgas-Emissionen sind zuletzt (vor Corona; Anm.) gestiegen, auch der Stromverbrauch. Eine Trendumkehr ist nur in wenigen Bundesländern zu sehen. Zum Glück hat auch der Anteil erneuerbarer Energien an der gesamten Stromerzeugung zugenommen. Das reicht aber bei weitem nicht. Wir brauchen eine stärkere Dynamik, um die gesetzten Ziele zu erreichen", sagte Prechtl bei der Präsentation einer Studie zur Energie- und Treibhausgassituation in den Bundesländern.

Studienautor Günter Pauritsch von der Österreichischen Energieagentur zeigt darin auf, wie krass unterschiedlich die Situation zum Teil ist. Bei Betrachtung der Gesamtemissionen zeige sich, dass manche Bundesländer wie die Steiermark von 1990 auf 2017 gleichbleibende CO2-Emissionen haben, Niederösterreich eine geringfügige Reduktion um ein Prozent, alle anderen Bundesländer aber höhere Emissionen, manche wie das Burgenland (plus 19 Prozent) oder Tirol (plus 18 Prozent) sogar signifikant höhere.

Sorgenkind Verkehr

Im Nicht-Emissionshandel, also den Bereichen abseits von Industrie und Energieerzeugung, haben alle Bundesländer eine Reduktion bei den Treibhausgasen geschafft, manche mehr (Kärnten: minus 14 Prozent), andere weniger (Oberösterreich: minus zwei Prozent). Die Daten beziehen sich auf die Zeit nach 2005, als die getrennte Betrachtung von Emissionshandel und Nicht-Emissionshandel begonnen hat, und deren Auswertung erstreckt sich bis 2017, dem Jahr mit dem letzten vergleichbaren Zahlenmaterial.

Sorgenkind ist der Verkehrssektor. Dort sei nirgendwo ein probates Mittel gefunden worden, den CO2-Ausstoß so radikal zu senken, wie es notwendig wäre, sagte Pauritsch.

Solarpanels auf Dächern, Deponien und Verkehrsflächen zu installieren wird nicht reichen, um den errechneten zusätzlichen Strombedarf aus sauberen Quellen bis 2030 zu decken. Auch Freiflächen wird man dazu in Anspruch nehmen müssen, zeigt eine Studie.
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Die Energieagentur hat auch erhoben, wie es um die Ausbaupotenziale für erneuerbare Energie in den Ländern bestellt ist. Fazit: Die im Regierungsprogramm anvisierten zusätzlichen 27 Terawattstunden (TWh) Strom aus erneuerbaren Quellen bis 2030 sind möglich. Bei Photovoltaik jedoch, die den Löwenanteil von zusätzlich elf TWh stemmen müsste, werde man das Ziel ohne Freiflächen nicht schaffen.

Bei Deponien, Dach- und Verkehrsflächen sieht die Energieagentur unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ein realisierbares Potenzial von 5,4 TWh bis 2030. Die Lücke von 5,6 TWh auf die angepeilten elf TWh müssten folglich Freiflächenanlagen füllen. Gerade bei Freiflächen stehen aber die allermeisten Länder auf der Bremse.

(Günther Strobl, 24.3.2021)