Sergej Lawrow (links) und Wang Yi demonstrieren Einigkeit.

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Russland und China rücken enger zusammen: Bei einem Treffen der Außenminister Sergej Lawrow und Wang Yi im südchinesischen Guilin berieten beide Seiten Maßnahmen zur Stärkung der finanziellen Unabhängigkeit. Lawrow forderte dabei die Abkehr vom internationalen Zahlungssystem. Beide Länder sollten ihre "technologische Unabhängigkeit stärken, auf Abrechnungen in nationale Währungen und in Weltwährungen umsteigen, die alternativ zum Dollar sind", sagte Lawrow.

Der russische Chefdiplomat hat für seinen Vorschlag einen günstigen Zeitpunkt gewählt: Seine Visite fand unmittelbar nach dem gescheiterten Alaska-Gipfel statt, bei dem Washington und Peking offen ihre Streitigkeiten demonstrierten. Moskau seinerseits befürchtet die Straffung westlicher Sanktionen nach Vorwürfen des unerlaubten Einsatzes von Chemiewaffen und erneuter Wahleinmischung. Die Verschärfung der Ost-West-Konfrontation war unter anderem durch die umstrittenen "Killer"-Äußerungen von US-Präsident Joe Biden gegenüber Russlands Präsidenten Wladimir Putin deutlich geworden.

Rhetorik spitzt sich zu

Allein wird Russland sich nicht von den westlichen Zahlungssystemen abkoppeln können. So habe Moskau schon 2015 nach der Krim-Annexion, als die Drohung der Abschaltung Russlands vom weltweiten System für Finanztransaktionen Swift im Raum stand, die eigene Kreditkarte "Mir" als Konkurrenz zu Mastercard und Visa herausgegeben, erinnerte der Wirtschaftsexperte Igor Nikolajew. Doch auch wenn es inzwischen 95 Millionen Mir-Karten in Russland gebe, sei sie international nur in maximal sieben Ländern zu gebrauchen.

Ungeachtet der Probleme verschärft Lawrow gegenüber dem Westen die Rhetorik weiter: Dieser versuche mit allen Mitteln, unter anderem der Verfälschung von Werten, seine Dominanz zu wahren. Russland und China müssten daher Gesinnungsgenossen mobilisieren, um sich dem entgegenzustellen.

Kritik an EU-Sanktionen

Eine Extraportion Kritik bekam die EU ab: "Es gibt keine Beziehungen zur Europäischen Union als Organisation, die gesamte Infrastruktur dieser Beziehungen wurde durch einseitige Entscheidungen Brüssels zerstört", sagte Lawrow. Unter anderem bezog sich der russische Chefdiplomat damit auf die von der EU verhängten Sanktionen nach dem Anschluss der Krim.

Beide Seiten geben sich dabei gegenseitig Schuld an den zunehmenden Streitigkeiten zwischen Brüssel und Moskau. Der EU-Außenvertreter Josep Borrell hatte so gleichzeitig mit Lawrows Abfuhr an die EU Russland vorgeworfen, "Kurs auf Konfrontation" zu nehmen. Der Vizechef des Föderationsrats, Konstantin Kossatschow, wies diesen Vorwurf zurück und beschuldigte vielmehr "EU-Beamte und Europaabgeordnete, das Verhältnis zu Russland in eine ausweglose Sackgasse manövriert" zu haben.

Moskaus Abkehr von Europa hat dabei inzwischen breite Bevölkerungsschichten erreicht. So halten jüngsten Umfragen zufolge nur noch 29 Prozent der Russen ihr Land für ein europäisches Land. 2008 waren es noch 52 Prozent. Sich selbst sehen sogar nur noch 27 Prozent der Russen als Europäer. (André Ballin aus Moskau, 23.3.2021)