Wien – Die Spargelsaison steht vor der Türe – und mit ihr alljährlich Berichte über rechtswidrige Arbeitsverhältnisse auf heimischen Feldern. Im Vorjahr sorgten abermals Skandale um miserable Wohnquartiere, Schwarzarbeit und Lohndumping bei der Spargelernte für Aufruhr. Damit solchen Praxen Einhalt geboten wird, wollen einige EU-Staaten die Auszahlung von Agrargeldern künftig an die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards knüpfen, berichtete das "Ö1-Morgenjounal".

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Die Arbeitsverhältnisse auf Österreichs Äckern sorgen immer wieder für Aufruhr.
Foto: Reuters/ARND WIEGMANN

Der Vorschlag, der von Portugal eingebracht wurde, sieht vor, dass Betriebe, die ihre Erntearbeiter nicht fair behandeln, die Gelder aus dem EU-Topf zurückzahlen müssen. Damit sollen die Arbeitsbedingungen in der ganzen Union verbessert werden. Denn in manchen Ländern herrschen derzeit "sklavenartige Verhältnisse", meint der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz, der dem portugiesischen Vorschlag einiges abgewinnen kann. Er ist für eine Koppelung der Gelder an Sozialstandards. "Es kann nicht sein, dass man weiter öffentliches Geld bekommt, obwohl man Arbeitsrechte untergräbt."

Der Vorstoß würde auch heimische Bauern konkurrenzfähiger machen, argumentiert Waitz. Österreichs Landwirte hätten mit Billigkonkurrenz zu kämpfen, die auf Ausbeutung basiere, sagt der Grüne. Er ist sich sicher, dass der EU-Beschluss auch zu faireren Marktbedingungen innerhalb der Union führen könne.

Beratung statt Koppelung

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hält den Vorstoß für nicht umsetzbar, da die Mehrheit der Mitgliedsstaaten den Vorschlag des Parlaments ablehne. Insgesamt begrüße sie eine Angleichung an das österreichische Niveau. Köstinger hat zusammen mit 15 weiteren Staaten einen Kompromiss eingebracht. Mit diesem wolle man die Blockade in den Verhandlungen auflösen, heißt es aus dem Ministerium. Der Vorschlag sieht vor, dass mehr Mittel für die Beratung von Betrieben zur Verfügung gestellt werden sollen, damit diese Sozialstandards einhalten. Nach zwei Jahren soll der Erfolg evaluiert werden.

Eine Einigung gibt es noch nicht. Das Thema wird derzeit auf EU-Ebene im Rahmen der Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik behandelt. Dort soll in den nächsten Monaten festgezurrt werden, wie die Agrarmilliarden in den kommenden Jahren verteilt werden. Darüber, wie das Geld am besten aufgeteilt werden soll, herrscht noch Uneinigkeit.

Kritik von der Gewerkschaft

Die Gewerkschaft Pro-Ge will beim Thema Arbeitsbedingungen nicht lockerlassen. Es gehörten die Arbeitnehmer geschützt und nicht Betrüger, forderte Pro-Ge-Chef und SPÖ-Politiker Rainer Wimmer am Mittwoch in einer Aussendung. Außer Österreich waren zuletzt Belgien, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Tschechien, Finnland, Griechenland, Ungarn, Malta, Rumänien, Lettland und die Slowakei gegen den Vorschlag aus Lissabon.

"Betrug und Ausbeutung darf nicht gefördert, sondern muss bekämpft werden", so Wimmer. "Wer gegen Gesetze zum Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitern verstößt, darf dabei nicht auch noch mit öffentlichen Geldern unterstützt werden." Die Gewerkschaft will, dass EU-Agrarförderungen an soziale und arbeitsrechtliche Standards gebunden werden. Auch die SPÖ, die Arbeiterkammer (AK) und die Österreichische Berg- und Kleinbäuerinnenvereinigung sprachen sich zuletzt dafür aus.

Nicht gelten lässt Wimmer das Argument, dass eine derartige Regelung wegen unterschiedlicher Vorgaben in den einzelnen EU-Staaten nicht umgesetzt werden könne. "Das EU-Parlament und viele andere Expertinnen und Experten sehen darin eindeutig kein Problem", verweist Wimmer unter anderem auf den Beschluss des Europäischen Parlaments und die positiven Stellungnahmen der portugiesischen Ratspräsidentschaft. "Was bei Umweltvorschriften geht, muss auch beim Arbeitsrecht möglich sein." (lauf, APA, 24.3.2021)