Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich), Gesundheitsminister Rudolf Anschober, Michael Ludwig (Wien) und Hans Peter Doskozil blieben nach der Verkündigung eines Mini-Lockdowns im Osten über Ostern einige Antworten zu offenen Fragen schuldig.

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Wien – In Wahrheit hat es drei ganze Tage gedauert, bis sich die betroffenen Länder mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf notwendige Verschärfungen einigen konnten. Ein Gipfel mit allen Bundesländern, Experten und der Bundesregierung inklusive Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) endete am Montag praktisch ergebnislos. Am Dienstag verhandelten Wien, Niederösterreich und das Burgenland mit Anschober bis 2.30 Uhr früh. Erst am Mittwochabend nach 19 Uhr wurden Ergebnisse und signifikante Einschnitte präsentiert – wobei diese erst in einer Woche wirksam werden.

Frage: Wieso hat das Ganze so lange gedauert?

Antwort: Gesundheitsminister Anschober hat sich bereits beim Bund-Länder-Treffen am Montag für strenge regionale Maßnahmen im Osten ausgesprochen. Auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) machte angesichts der dramatischen Situation in den Spitälern Druck. Allerdings bremste Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: Für die ÖVP-Politikerin hätte es im Bereich des Handels vorerst keiner weiteren Verschärfungen bedurft. Aber auch in Niederösterreich spitzt sich die Situation auf den Intensivstationen zu. Und Ludwigs Parteikollege, Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil, sprach sich noch Anfang der Woche für "behutsame, gut kontrollierte Lockerungen" vor allem in Tourismus, Gastronomie, Kultur und Sport aus. Doskozil wollte etwa in einzelnen Hotels beziehungsweise einer Therme Test-Öffnungen ausprobieren. Erst gestern Abend gab es dann den Kompromiss.

Frage: Auf welchen Kompromiss hat man sich geeinigt?

Antwort: Statt eines ebenfalls angedachten längeren Lockdowns in der Ostregion wird es eine sechstägige "Osterruhe" geben – von Gründonnerstag (1. April) bis zum Dienstag nach Ostern (6. April).

Frage: Was ändert sich?

Antwort: Der Handel und die körpernahen Dienstleister sowie Museen oder Zoos müssen vorübergehend wieder zusperren. Offen bleiben – wie aus früheren Lockdowns bekannt – nur Lebensmittelgeschäfte, Apotheken und Geschäfte, die Waren des täglichen Gebrauchs anbieten. Ab 7. April soll es dann auch Zutrittstests für den Handel geben – ähnlich wie aktuell schon für Friseure und Kosmetikstudios. Welche negativen Eintrittstests hier nötig sein werden, steht noch nicht fest. Vorerst ist diese Testpflicht für Besuche in Handelsbetrieben nach dem Mini-Lockdown allerdings nur für vier Tage bis 10. April vorgesehen. Danach soll eine Evaluierung mit Potenzial auf Ausdehnung stattfinden, wie es aus dem Gesundheitsministerium heißt.

Frage: Wie sieht es mit Ausgangsbeschränkungen aus?

Antwort: Diese werden ab Gründonnerstag vorübergehend wieder auf 24 Stunden ausgedehnt. Aktuell gilt ja die Regelung von 20 Uhr bis 6 Uhr früh. Ab 1. April dürfen die eigenen vier Wände dann nur noch mit Ausnahmen verlassen werden: Diese sind aus den vergangenen harten Lockdowns bereits bekannt. Dazu zählen etwa die Deckung der eigenen Grundbedürfnisse wie Einkäufe oder die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen sowie der Aufenthalt im Freien zu Zwecken der körperlichen und psychischen Erholung.

Frage: Und was ist mit privaten Treffen, darf ich meine Freunde und meine Familie sehen?

Antwort: Die derzeit gültige Regel, dass tagsüber vier Personen aus zwei Haushalten plus sechs Kinder zusammenkommen dürfen, ist damit ab Gründonnerstag auf jeden Fall vom Tisch. Doch auch während bisheriger strenger Ausgangsbeschränkungen gab es Ausnahmen: Man durfte einzelne enge Kontaktpersonen und Familienmitglieder treffen, solange nur eine Person auf einen Haushalt traf. Bleibt das so, heißt das: Eine Einzelperson darf etwa die Familie besuchen, aber nicht den Partner oder die Partnerin mitbringen. Ebenso darf zwar die Familie zur Einzelperson kommen, aber nur, wenn diese alleine ist. Die Aufsicht von minderjährigen Kindern ist von dieser Regel ausgenommen – auch, wenn nicht ein Elternteil, sondern eine andere Person ein Kind beaufsichtigt. Mit Stand Donnerstag ist aber noch offen, welche Beschränkungen tatsächlich angedacht sind.

Frage: Wie soll das kontrolliert werden?

Antwort: Da steckt die Gesetzgebung in einem Dilemma: Denn die Polizei darf nicht ohne Grund in einen privaten Haushalt, um zu kontrollieren, wer dort ist. Durch die Ausgangsbeschränkungen ist aber eine Kontrolle um die Ecke möglich. Weil man ja den privaten Wohnbereich nur wegen bestimmter Gründe verlassen darf, kann man sehr wohl unterwegs von der Polizei gefragt werden, wohin man am Weg ist. Dann muss man seinen Ausnahmegrund glaubhaft machen. Außerdem kann es sein, dass die Polizei zum Beispiel wegen Lärmbelästigung an der Tür klopft. Trifft sie da auf Personen, die da nicht wohnen (und keinem Ausnahmegrund nachgehen), wird sie sie wohl anzeigen, weil sie gegen die Ausgangsbeschränkungen verstoßen.

Frage: Sind zu Ostern also keine Familienfeiern möglich?

Antwort: Hier hat Wiens Stadtchef Ludwig eine klare Empfehlung: Er rät allen Menschen, in den nächsten Wochen von möglichst vielen Kontakten Abstand zu nehmen. Das war auch die Botschaft der Landeschefs aus Niederösterreich und dem Burgenland bei der Pressekonferenz gestern Abend. Die Bundesregierung weist sowieso bei jeder Gelegenheit darauf hin.

Frage: Wie hoch sind die Strafen, wenn man gegen die Regeln verstößt?

Antwort: Sofern sich daran nichts ändert, gelten die bisherigen Strafsätze. Da muss man unterscheiden zwischen Organstrafmandaten, also Strafzetteln, und Verwaltungsstrafen. Organstrafen können von der Polizei dann verhängt werden, wenn man keine (FFP2-)Maske trägt oder den Mindestabstand nicht einhält, die gehen bis zu 90 Euro. Wer etwa gegen die Ausgangssperre verstößt, muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen, die kann bis zu 1450 Euro hoch sein, die Ersatzfreiheitsstrafe geht bis zu vier Wochen. Wer zum Beispiel als Inhaber einer Betriebsstätte sein Geschäft öffnet, obwohl er das nicht darf, muss mit Strafen von bis zu 30.000 Euro bzw. sechs Wochen Haft rechnen. Genauso hohe Strafen soll es künftig für Organisatoren von gewerbsmäßigen Veranstaltungen geben, eine Gesetzesnovelle, die das vorsieht, wird gerade auf den Weg gebracht.

Frage: Wie sieht das aber rechtlich aus? Können Personen aus dem Mini-Lockdown-Gebiet im Osten in westliche Bundesländer zu Verwandten reisen?

Antwort: Genau diese drängende Frage wurde noch nicht geklärt. Anschober versprach eine Lösung in den kommenden Tagen. Die Intention des Lockdowns ist natürlich, diese Reisen möglichst zu vermeiden. Welche rechtlichen Möglichkeiten einer gesetzlichen Regelung dafür geschaffen werden können, ist aber noch offen. Ludwig sagte dazu im Ö1-"Morgenjournal": "Das wird ja nur dann funktionieren, wenn es eine entsprechende rechtliche Grundlage gibt." Es werde "notwendig sein, die Menschen von der Dramatik der Situation zu überzeugen". Ludwig will zudem auch nicht davor zurückschrecken, weitere verschärfte Maßnahmen dort zu verhängen, wo es möglich und notwendig sei.

Frage: Wie könnte so eine Regelung aussehen?

Antwort: Die rechtlichen Instrumente für eine Testpflicht bei der Ausreise aus der Ostregion hätte der Gesundheitsminister wohl in der Hand. Im Epidemiegesetz heißt es: "Sofern dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, sind für die in Epidemiegebieten aufhältigen Personen Verkehrbeschränkungen zu verfügen. Ebenso können Beschränkungen für den Verkehr mit den Bewohnern solcher Gebiete von außen angeordnet werden."

Das ist allerdings eine recht vage Formulierung, klarere Möglichkeiten sieht eine Novelle des Epidemiegesetzes vor, die gerade auf den Weg gebracht wird, der Bundesrat aber noch blockieren kann. Darin ist etwa definiert, dass eine Verordnung für das Verlassen eines Epidemiegesbiets einen besonderen Grund vorschreiben kann, ebenso eine Testpflicht oder Quarantänepflichten. Für das Betreten eines Epidemiegebiets kann etwa eine Maskenpflicht vorgeschrieben werden. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, kann das Betreten des Epidemiegebiets sogar ganz untersagt werden.

Auf dem genannten Paragrafen fußt jedenfalls schon jetzt ein Erlass, der schon Anfang März an die Landeshauptleute ging. Darin werden sie angewiesen, dass sie in Hochinzidenzgebieten – Bezirken mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von über 400 – verordnen müssen, dass diese Gebiete nur noch mit einem negativen Test verlassen werden dürfen. Ausnahmen muss es für Kinder, Einsatzkräfte und Durchreisende geben, der Berufspendlerverkehr ist nicht genannt. Solche verpflichtenden Ausreisetests gibt es momentan für einige Bezirke, allerdings nicht für ein Ballungszentrum wie Wien oder gar gleich drei Bundesländer. Die Landeshauptstadt alleine hat von der kleinen Wohnstraße bis zur Autobahn insgesamt 95 Einfahrten, wie es auf STANDARD-Anfrage aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) heißt – die sind wohl kaum lückenlos kontrollierbar. Allerdings ist in dem Erlass des Gesundheitsministers auch nur die Rede von "Kontrollen in möglichst hoher Intensität mittels Stichprobenkontrollen".

Frage: Wie dramatisch ist die Corona-Situation im Osten Österreichs?

Antwort: Messbar ist diese aktuell vor allem in den Intensivstationen im Osten des Landes. Laut den Experten des Covid-Prognosekonsortiums des Gesundheitsministeriums stehen neben Wien auch das Burgenland und Niederösterreich "vor beziehungsweise bei einem historischen Höchststand des Covid-Intensivbelags". In Wien benötigten am Mittwoch 176 Corona-Fälle eine intensivmedizinische Betreuung – so viele wie noch nie. Bis 7. April wird ein Belag von 260 Corona-Intensivpatientinnen und -patienten erwartet.

Das bedeutet, dass in Wien "in größerem Stil" nicht lebensnotwendige, planbare Operationen verschoben werden müssen, um Platz für schwer erkrankte Corona-Infizierte zu schaffen. Das bedeutet auch, dass die Regelversorgung in Spitälern für Nicht-Covid-Fälle weiter massiv eingeschränkt werden muss.

Die schlechte Nachricht der Experten: Unabhängig von den getroffenen Maßnahmen im Osten, der Impfung sowie des Impffortschritts wird sich "die Zunahme des Belags in den nächsten zwei bis vier Wochen fortsetzen". Burgenlands Landeschef Doskozil führt seinen Meinungsumschwung auf die Prognose der Experten zurück: "Das Narrativ ist ganz einfach: Wir laufen Gefahr, dass die Intensivkapazitäten zu Ende gehen." Laut Ludwig müsse man noch die nächsten acht bis zehn Wochen mit Entbehrungen und ohne Öffnungsschritten wie Schanigarten-Öffnungen durchstehen, bis ein größerer Teil der Bevölkerung durchgeimpft ist.

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Was Doskozil bewogen hat, von seiner ursprünglichen Forderung nach Öffnungen abzugehen (ZIB-2-Anchorman Armin Wolf nannte das "Damaskuserlebnis"), wurde am Donnerstag deutlich. Da schlug Hubert Eisl, Chef der landeseigenen Krankenanstalten GmbH, laut Alarm. Mit Intensivbetten stehe man nämlich am Anschlag. 75 Prozent der für Covid reservierten Betten sind belegt. Das verspreche für die unmittelbare Zukunft nichts Gutes.

Man stehe schon mit der Steiermark in Verhandlung wegen der Übernahme "normaler" Intensivpatienten. Darum habe man die Covid-Intensivbettenzahl um zwei erhöhen zu können. Von den nunmehr 26 sind aber freilich mit Stand Donnerstag auch schon wieder 20 belegt. In Oberpullendorf gibt es insgesamt nur noch eins. Nur absolute notwendige Operationen können dort durchgeführt werden.

Frage: Wurde eine Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht beschlossen?

Antwort: Ja. In öffentlichen Verkehrsmitteln, beim Einkaufen, in Amtsgebäuden oder auf Wiener Märkten ist diese bereits verankert. Nun soll die FFP2-Maskenpflicht im Osten generell auf alle Innenräume ausgedehnt werden – sofern sich eine zweite Person darin aufhält. Das gilt freilich nicht für private Räumlichkeiten. Davon abgehalten, zum Schutz dennoch eine FFP2-Maske zu tragen, wird aber niemand. Außerdem soll auch outdoor an hochfrequentierten Plätzen eine FFP2-Maskenpflicht kommen, das ist vorerst aber nur geplant.

Frage: Welche neuen Regelungen betreffen den Bereich Arbeit?

Antwort: Generell wird die Ausweitung von Homeoffice überall dort, wo es möglich ist, empfohlen. Alternativ dazu soll es mindestens ein Mal pro Woche betriebliche Corona-Testungen geben.

Frage: In den östlichen Nachbarländern Österreichs wie Tschechien, der Slowakei oder Ungarn gibt es vergleichsweise sehr hohe Neuinfektionszahlen. Wird es hier Maßnahmen an den Grenzen geben?

Antwort: Für Einpendler sind statt einem künftig zwei negative Coronatests pro Woche notwendig. Zudem soll es strengere Kontrollen an den Grenzen geben.

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Frage: Wie sieht es mit der laufenden Impfkampagne in Österreich aus?

Antwort: Mit aktuellem Stand haben knapp mehr als eine Million Personen bereits eine erste Impf-Dosis erhalten. Konkret sind es 1,033.613 Menschen, das sind 13,7 Prozent der impfbaren Bevölkerung über 16 Jahren. Mit zwei Impfdosen vollständig immunisiert wurde bisher ein Drittel davon, das sind 358.475 Menschen. Die Experten gehen davon aus, dass durch Impfung oder überstandene Infektion bereits 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung in Österreich immunisiert sind – "was beginnt, einen messbaren Effekt auf die Infektionsdynamik zu nehmen", wie es in der Kapazitätsvorschau des Covid-Prognosekonsortiums des Gesundheitsministeriums heißt. Kurz- und mittelfristig sollen die Neuinfektionszahlen aber weiterhin steigen.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sollen laut Plan alleine in den nächsten sieben Tagen bis Ende März weitere 510.000 Impfdosen in Österreich eintreffen. Ob das tatsächlich der Fall ist oder die Liefervorgaben von Astra Zeneca erneut nicht eingehalten werden können, wird sich zeigen. (David Krutzler, Gabriele Scherndl, 25.3.2021)

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