Die russische Strafkolonie N2, in der Nawalny einsitzt, auf einem Foto vom 1. März.

Foto: APA / AFP / Dimitar Dilkoff

Moskau – Der Zustand des im Straflager inhaftierten Kreml-Gegners Alexej Nawalny ist nach Angaben der russischen Gefängnisverwaltung "stabil und zufriedenstellend", wie die staatliche Agentur Interfax am Donnerstagmorgen berichtete. Zuvor hatte es erhebliche Zweifel an der Gesundheit des russischen Oppositionellen gegeben. Nawalnys Vertrauter Leonid Wolkow berichtete, Nawalny leide "seit Ende voriger Woche an starken Schmerzen im Rücken". Der 44-Jährige habe übermittelt, dass er Lähmungserscheinungen in einem Bein habe und nicht mehr auftreten könne. Er habe nur zwei Tabletten bekommen, so Wolkow, der "äußerste Besorgnis" über Nawalnys Gesundheitszustand äußerte.

Die Erklärung der Gefängnisverwaltung stellte die Verbündeten des prominenten Gegners des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zufrieden. Dass die offiziellen Stellen den Zustand nur als "zufriedenstellend", nicht aber als gut beschrieben hätten, würde die Sorge um Nawalny nur noch erhöhen, teilte Wolkow Donnerstagfrüh mit.

"Geisel eines verrückten Mörders"

Der Nawalny-Mitarbeiter scheute dabei harte Worte nicht: Der Oppositionelle sei der "persönliche Gefangene, die persönliche Geisel von Wladimir Putin; eines gefährlichen, verrückten Mörders", hatte er schon tags zuvor auf Twitter geschrieben. Zuletzt hatte auch US-Präsident Joe Biden zum Entsetzen des Kreml die Frage bejaht, ob er den russischen Präsidenten für einen "Killer" halte. "Wladimir Putin trägt die persönliche Verantwortung für das Leben und den Gesundheitszustand von Alexej Nawalny in der Folterkolonie in Pokrow", meinte Wolkow.

Der leitende Mitarbeiter des Nawalny-Teams und die Ehefrau des Oppositionsführers, Julia Nawalnaja, beklagten, dass das Straflager die Anwälte erstmals nicht zu einem vereinbarten Termin mit dem Politiker vorgelassen habe. Den Anwälten Olga Michailowa und Wadim Kobsew sei die Absage mit anderen Maßnahmen im Lager begründet worden. Wolkow sagte, dass auf diese Weise womöglich ein Aufenthalt Nawalnys im Gefängniskrankenhaus vertuscht werden solle.

Nicht aus dem Koma bei Behörden gemeldet

Nach einem Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok wurde Nawalny in Deutschland behandelt. Bei seiner Rückkehr am 17. Jänner wurde er am Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen. Kurz darauf verurteilte ihn ein Gericht in Moskau zu Haft im Straflager. Der Grund: Er soll während seines Aufenthalts in Deutschland gegen Meldeauflagen bei russischen Behörden in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben.

Die zuletzt auf rund zweieinhalb Jahre bemessene Haft sitzt er inzwischen in der Strafkolonie in dem Ort Pokrow im Gebiet Wladimir rund 100 Kilometer östlich von Moskau ab. Nawalny sieht die Haft als Rache Putins dafür, dass er den Anschlag mit dem chemischen Kampfstoff überlebte. Die EU und die USA haben gegen Russland Sanktionen verhängt und die Freilassung Nawalnys gefordert. (APA, red, Reuters, 25.3.2021)