Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gab sich bei der Präsentation des zweiten von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens vor einigen Tagen bestürzt über das Ausmaß von Missbrauch in seinem Bistum.

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Köln – Ein vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bisher zurückgehaltenes Gutachten zu Missbrauchsfällen in seinem deutschen Erzbistum fordert einen Kulturwandel in der römisch-katholischen Kirche. Dem derzeitigen männerbündlerischen System müsse etwa durch die Berufung von Frauen in Führungspositionen entgegengewirkt werden, empfiehlt die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl. Das Gutachten wurde vom Erzbistum am Donnerstag erstmals unter strengen Auflagen zur Einsicht freigegeben.

Das Erzbistum Köln ist das größte Bistum in deutschen Sprachraum und eines der reichsten weltweit. Die Münchner Gutachter untersuchten den Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester. Ihre Untersuchung wurde von Woelki bisher unter Verschluss gehalten, wofür er äußerungsrechtliche Bedenken anführt. Westpfahl Spilker Wastl weist die Vorwürfe zurück. Woelki gab stattdessen ein neues Gutachten bei dem Kölner Strafrechtler Björn Gercke in Auftrag, das in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde.

Woelki nicht belastet

Ebenso wie Gercke sehen auch die Gutachter von Westpfahl Spilker Wastl Pflichtversäumnisse unter anderem bei Woelkis Vorgänger Joachim Meisner (1933–2017) und beim früheren Kölner Personalchef Stefan Heße, heute Erzbischof von Hamburg. Heße hat den Papst mittlerweile um seine Entlassung gebeten. Woelki wird auch in dem bisher zurückgehaltenen Gutachten nicht belastet.

Die Gutachter von Westpfahl Spilker Wastl dokumentieren einerseits, inwiefern etwa aufeinanderfolgende Erzbischöfe und Generalvikare Vorwürfen gegen Priester nicht entschieden nachgingen, die mutmaßlichen Sexualstraftäter nicht bestraften und sich wenig um die Opfer kümmerten. Andererseits werden aber auch Faktoren aufgeführt, die nach Meinung der Gutachter im spezifischen System der katholischen Kirche den Missbrauch von Kindern begünstigen können. (APA, 25.3.2021)