Die rote FFP2-Maske, die Wiens Bürgermeister Michael Ludwig trägt, hat etwas Clowneskes. Sie wirkt lächerlich, nicht dem Ernst der Sache angemessen. Das mag man durchaus sinnbildlich sehen. Dabei steckt hinter der Maske eine mächtige Person: Der Wiener Landeshauptmann kann entscheiden, welche Maßnahmen gesetzt werden und welche nicht. Ludwig entscheidet maßgeblich über unser aller Wohl.

Dass er dabei so keck seine Parteifarbe vor sich her trägt und in den Verhandlungen zuallererst ein parteipolitisches Statement setzt, wirkt nicht vertrauensfördernd. Auch die Sprache ist verräterisch: Er werde nicht zulassen, er sehe nicht ein, er werde verhindern ... Dabei sollte es längst nicht um Befindlichkeiten des Bürgermeisters und um die Demonstration seiner Macht gehen, sondern darum, wie wir durch die Pandemie kommen. Wir müssen schlimmere Situationen, als wir sie schon haben, vermeiden. Aber da fantasiert Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil davon, die Thermen aufzusperren, und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hätte am liebsten gar nichts geändert, warum auch?

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Gesundheitsminister Rudolf Anschober, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil.
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Die Landeshauptleute scheinen dem Ernst der Situation nicht gewachsen zu sein. Sie handeln verantwortungslos. Sie hätten sich besser informieren müssen, ehe sie Larifari-Verhandlungen beginnen und dort den Gesundheitsminister zerlegen. Offenbar mussten erst Experten ran und den Landeschefs drastisch vor Augen führen, was sich in den Intensivstationen abspielt und wohin uns das bringen wird. Herausgekommen ist ein halbherziger Kompromiss, ein bisserl ein Lockdown über die Feiertage, eh erst Ende kommender Woche.

Popularitätswerte

Es ist nicht allein die Schuld der Landeshauptleute, die eher auf Popularitätswerte als auf Inzidenzen schauen. Da gehört ein schwacher Gesundheitsminister dazu und ein Bundeskanzler, der diesem keinerlei Rückhalt gibt: Es wäre die Aufgabe von Sebastian Kurz, sich hinter Rudolf Anschober zu stellen und den Landeshauptleuten zu erklären, dass sie einmal ihre Partikularinteressen hintanzustellen haben – es gibt eine Pandemie zu bewältigen, und das geht halt nur gemeinsam.

Von den zuständigen Politikern hat auch niemand die Kraft, unangenehme Wahrheiten anzusprechen: Ostern. Sorry Leute, keine Familienfeste im großen Kreis, das spielt’s nicht. Es geht nicht, dass alle quer durchs Land fahren und Omi und Opi besuchen. Stattdessen eiert Ludwig herum, dass man die Bürger nicht überfordern dürfe. Auch Kurz fügt sich in dieses kollektive Wegducken vor der unbequemen Wirklichkeit.

Symptomatisch für das Nichtfunktionieren der Pandemiebekämpfung ist die Groteske, die sich um die finanzielle Obergrenze für die Impfstoffbeschaffung abzeichnet: Da rechnet ein Beamter des Gesundheitsministeriums Pi mal Daumen aus, was das kosten könnte, dann schickt der Gesundheitsminister das Papier ins Finanzministerium, die schauen dort halt aufs Geld und setzen eine Obergrenze fest; machen über Nacht aus einem "mehr als" ein "bis zu" 200 Millionen. So wird dieses Papier einstimmig im Ministerrat beschlossen.

Es ist beängstigend, wie unprofessionell Politik gemacht wird, wie fahrlässig mit unserer Gesundheit, aber auch mit der Wirtschaft und dem Gemeinwohl umgegangen wird, wie sehr wir von türkisen Attitüden und roten Masken abhängig sind. (Michael Völker, 25.3.2021)