Die prächtige Aula des Corps de Logis, wie das Gebäude heißt, in dem das Weltmuseum untergebracht ist, kann über eines nicht hinwegtäuschen: Das ethnografische Museum wurde über Jahre finanziell ausgehungert.

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Dem Kunsthistorischen Museum (KHM) geht es momentan wie allen öffentlichen Museen landauf, landab, denen aufgrund der Pandemie und den damit verbundenen Lockdowns und Reisebeschränkungen die Eintrittsgelder von Touristen als wichtigste Einnahmequellen regelrecht wegbrachen. Dem druckfrisch vorliegenden Geschäftsbericht 2020 zufolge rasselten diese Erlöse von 15,53 Millionen (2019) auf 4,54 Millionen Euro förmlich in den Keller.

Für die Aufrechterhaltung des Betriebes wird man auch heuer nicht nur auf die jährlich vom Bund gewährte Apanage angewiesen sein, sondern muss auf zusätzliche Förderung hoffen. Sofern man Rücklagen hatte, wurden sie in den vergangenen zwölf Monaten verbraucht, und vor dem für 2021 geplanten Budget steht – trotz Einsparungen da und dort – ein Minus. Dementsprechend dominierte die monetär triste Situation des KHM-Museumsverbandes die am Mittwoch anberaumte Sitzung des Kuratoriums des Hauses.

Kostenneutrale Stelle?

Die Ausschreibung der neuen Managementfunktion hätte, so die Vereinbarung mit der Kuratoriumsvorsitzenden und dem Staatssekretariat, erst erfolgen sollen, sobald das Budget in trockenen Tücher gewesen wäre. Dass sich die Generaldirektorin Sabine Haag damit hinter den Kulissen keine Freunde machte, sei erwähnt. Von Paul Frey, dem kaufmännischen Geschäftsführer, bekommt sie insofern Rückendeckung, als er versicherte, dass die mit einem Jahresgehalt von zumindest 90.000 Euro zuzüglich der Bereitschaft zur Überzahlung dotierte Stelle "Leiter/in der Sammlungen und Forschung" kostenneutral finanzierbar sei.

Verwaiste Kuratorenstellen

Wie diese Übung gelingen soll, war nicht in Erfahrung zu bringen. Eine am Mittwoch an das KHM übermittelte Anfrage blieb unbeantwortet. Naheliegend sind Einsparungen, die vermutlich neuerlich die seit Jahren finanziell ausgehungerten Dependancen Theatermuseum und Weltmuseum in der einen oder anderen Form treffen werden. In den vergangenen Jahren wurde in diesen Häusern, teils durch Umstrukturierungen, vor allem beim Personal gespart, wie ein Blick in die Geschäftsberichte seit 2012 belegt.

Der aliquote Anteil aus der Basisabgeltung deckte sowohl beim Weltmuseum (4,28 Millionen Euro) als auch beim Theatermuseum (2,61 Millionen Euro) die dortigen Personalkosten locker. Im KHM selbst war – und ist wohl noch immer – exakt das Gegenteil der Fall. Dort lag der Personalaufwand teils bis zu zwei Millionen über der anteiligen Basisabgeltung.

Kulminiert im Verband

Seit 2018 werden die Gewinn- und die Verlustrechnung in den Geschäftsberichten nicht mehr separat, sondern kumuliert für den KHM-Museumsverband ausgewiesen. In jenem Jahr waren die gesamten Personalkosten – nach 25,07 Millionen Euro (2017) – auf stattliche 28,46 Millionen Euro gestiegen. 2020 reduzierte sich dieser Betrag, dank Einsparungen über die Kurzarbeit, auf 23,7 Millionen Euro.

Zahlenspielereien, in denen das Weltmuseum freilich nur eine kleine Nebenrolle spielt. Sieht man von der wissenschaftlichen Direktion ab, gab es dort tatsächlich nach Pensionsabgängen seit 2017 keine Nachbesetzungen von Kuratoren mehr. Laut Website sind drei Sammlungsbereiche verwaist: Ozeanien & Australien, Insulares Südostasien und seit Ende vergangenen Jahres auch Nordafrika, Vorder- und Zentralasien & Sibirien.

Ob diese Stellen weiterhin unbesetzt bleiben, wird weniger der neue Direktor des Weltmuseums, sondern die KHM-Geschäftsführung entscheiden. Wie bisher könnten Kuratorenassistenten weiterhin den laufenden Betrieb gewähren. Kurz: Fachlich notwendige Bestellungen werden so zwar überbrückt, jedoch solchen Mitarbeitern nicht bezahlt. "Fair Pay", immerhin im aktuellen Regierungsprogramm verankert, klingt den Betroffenen wohl eher wie der blanke Hohn in den Ohren. Zumal sich offenbar sehr wohl eine neue Managementebene finanzieren lässt, die Sabine Haag als Generaldirektorin entlasten soll.

Stimmung am Boden

Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist derzeit am Boden. Den Sammlungsleitern geht es teils nicht anders. Wie DER STANDARD berichtete, setzt sich durch die bevorstehende Inthronisierung eines neuen Vorgesetzten eine Entmachtung fort, die zeitlich vor Eike Schmidts Doch-nicht-Antritt als KHM-Direktor unter dem Schlagwort Zentralisierung begann.

Seither können die, die international mit Kollegen anderer Institutionen in regelmäßigem Austausch stehen, nicht einmal mehr über Leihgaben entscheiden. Alles läuft über den Tisch der Generaldirektion, die sich mit der Entscheidung oftmals Zeit lässt. Was auf dem Papier als Vereinfachung skizziert war, erwies sich in der Praxis als sehr viel umständlicher. Die regelmäßigen Verzögerungen bringen die Sammlungsleiter allerdings laufend in Erklärungsnot. Auf internationaler Ebene, so bestätigen Involvierte dem STANDARD, sei das bereits unangenehm aufgefallen.

Fragwürdige Ausschreibung

Ein Fall für den neuen Manager, die neue Managerin? Die Ausschreibung läuft am Freitag aus. Ob sie nur formaler Natur war, wird sich weisen. Das Gerücht, sie sei auf eine bestimmte Person zugeschnitten, hält sich hartnäckig. Dafür sprechen einige Details im Anforderungsprofil, nicht nur der in englischsprachigen Ländern geläufige und explizit geforderte PhD in Kunstgeschichte und eine universitäre Managementausbildung obendrauf.

Neben "hervorragenden" Deutsch- und Englischkenntnissen sind zusätzliche "von möglichst zwei weiteren relevanten europäischen Sprachen" erwünscht. Ein Anspruch, der über jenem an die Generaldirektorin liegt, die den KHM-Museumsverband international repräsentiert. (Olga Kronsteiner, 26.3.2021)