Spätestens im Pensionsalter rächt sich der Verzicht auf Erwerbsmonate, sagt Gertrude Brinek.

Bild nicht mehr verfügbar.

Unbezahlte Arbeit ist gerecht zu verteilen – schon am Anfang einer Beziehung.
Foto: Getty Images

"Danke, Mama!" Mit diesem Gruß verlassen die Kinder den Frühstückstisch und verabschieden sich zusammen mit ihrem Papa, um aufzubrechen – in die Schule, zur Arbeit. Mama bleibt offenkundig zurück, um im Haus Ordnung zu machen. Der Fernsehspot wirbt für einen Schokoladenaufstrich und erinnert an die späten 60er-Jahre des vorigen Jahrhunderts und die jeweiligen Mann/Frau-Bilder in den Schulbüchern.

Unter den vielen aktuellen Meldungen zur Corona-Krise und den Folgen liest man auch, dass dem Zuhause wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Neue Möbel und Textilien werden angeschafft, die Home-Deko-Umsätze steigen. Nähmaschinen werden vermehrt gekauft, Wollstudios verdoppeln ihr Strickkursangebot. Koch- und Backideen ziehen sich durch alle Medienformate. Traditionelle "Hausfrauenwerte" haben Hochkonjunktur.

Gleichzeitig lesen wir von erschöpften und ausgepowerten Müttern; die die eigentlichen Pandemie-Opfer seien, denen die Öffentlichkeit, der Staat, die Kommune mehr schulde als Applaus. Ihre Vielfachbelastung durch Haushalt, Kinder, Homeoffice wäre eine soziale Zumutung, die man schnell hinter sich lassen müsse.

Männer ins Homeoffice

Die Arbeitsmarktzahlen lassen viele Fragen zu. Frauen arbeiten mehrheitlich im Dienstleistungssektor direkt mit und an Menschen außer Haus – in der Pflege, im Gesundheitswesen, Handel und (wenn wieder möglich) Tourismus. Also eine gute Gelegenheit für Männer, die im Bankwesen, Trading, in der öffentlichen Verwaltung, in Werbung, Marketing und Medien oder Rechtsberufen tätig sind, sich ins Homeoffice zu begeben und dazu auch Familien- und Hausarbeit zu übernehmen? Ja, doch!

Was in Corona-Zeiten offenkundig wird, ist die Wahlmöglichkeits- und Teilzeitarbeitsfalle, in die Frauen immer noch tappen. Schon leiser die Erkenntnis, dass mit dem reduzierten Erwerbsarbeitsanteil auch massiv verringerte Lebens- und Wohlstandschancen einhergehen.

Unbezahlte Arbeit

Selbstverständlich ist nachvollziehbar, dass Mütter sich nach Auszeitphasen sehnen, wenn sie wegen ihrer Totalverantwortung Müdigkeit und Erschöpfungsgefühle spüren. Die Konsequenz liegt doch auf der Hand: Unbezahlte Arbeit ist gerecht zu teilen – von Anfang an. Wer am Beginn einer Beziehung ein Auge zudrückt, auf die Einhaltung einer Vereinbarung über das spätere faire Zusammenleben verzichtet und auf Hoffnung in "das Selbstverständliche" setzt, hat schon verloren. Der Verzicht auf Erwerbsmonate rächt sich spätestens im Pensionsalter, Stichwort Altersarmut und Abhängigkeit vom Partner. Alles in allem keine neue Erkenntnis!

Selbstständige Menschen mit einem eigenen Einkommen – das hat viel mit einem Verständnis von persönlicher Würde und mit Lebenssinn zu tun. Warum soll ein solches nur mit dem männlichen Teil der Bevölkerung verbunden sein?

Faires Zusammenleben

Die geltende Elternkarenzregelung bildet eine Schieflage ab, die in skandinavischen Ländern unbekannt ist. Gerecht und zukunftsorientiert ist, dass es für Vater und Mutter die jeweils gleiche Karenzzeit gibt, zum Beispiel jede/r nimmt ein Jahr; nützt ein Partner diese Zeit nicht, so geht sie verloren. Es gibt genügend pädagogische Modelle für Kinder ab zwei Jahren für hochwertige Außerhausbetreuung. Das darf keine Kostenfrage sein – jede volkswirtschaftliche Berechnung bestätigt die These vom Vielfachnutzen dieses Weges.

Dass dieser Weg bisher nicht gegangen wurde, hängt leider auch, aber nicht nur an den Frauen. Immer noch gibt es Kreise, die auf eine Art staatliches "Müttergehalt" hoffen oder auf die weitere verstärkte Anrechnung der Kindererziehungszeiten. Eine Art Not- oder Übergangslösung sind Pensionssplittingmodelle. Freiwillige Versionen sind bisher (erwartungsgemäß) gescheitert, daher funktionieren nur verpflichtende Varianten.

Lehren ziehen

Selbst wer auf den Ausbau der staatlichen und kommunalen Einrichtungen setzt – sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht –, ist aus einem fairen partnerschaftlichen Familienarrangement nicht entbunden. Dazu braucht es die Konsequenz der (jungen) Frauen, die sich nicht oder nicht nur als Opfer der jeweiligen Umstände sehen.

Der Schriftsteller Michael Köhlmeier mahnte kürzlich, dass wir uns weniger damit aufhalten sollten, was die Corona-Krise mit uns macht. Wichtiger sei, was wir dagegen machen und welche Lehren wir ziehen. Das beginnt bei der richtigen, rationalen Schul- und Berufswahl. Wer etablierte und einkommenssicherere Berufswege zu gehen bereit ist, wird nicht zur "Beziehungstöterin". Verlässliche berufliche Standbeine sind in Krisenzeiten – und solche gibt es immer wieder – die beste Zukunftssicherung. (Gertrude Brinek, 26.3.2021)