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Ägypten verdient an den Durchfahrtsrechten des Kanals rund 4,2 Milliarden Euro.

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Vor der Einfahrt zum Suezkanal warten Schiffe.

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Der Bug der Ever Given steckt fest.

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Kairo – Der japanische Eigentümer des im Suezkanal seit Tagen feststeckenden Frachters hofft, das Schiff an diesem Wochenende freizubekommen. Wie ein Sprecher des Unternehmens Shoei Kisen am Freitag mitteilte, wolle man versuchen, das Container-Frachtschiff an diesem Samstag flott zu bekommen. Sollte dies nicht klappen, sei geplant, am Sonntag zwei weitere Schlepper einzusetzen. Das Unternehmen entschuldigte sich für den Vorfall.

Seit Dienstag blockiert die 400 Meter lange und 59 Meter breite Ever Given den Suezkanal, eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Das unter der Flagge Panamas fahrende Containerschiff war auf Grund gelaufen. Nach Angaben des japanischen Unternehmenssprechers versuchen bisher zehn Schlepper, den Frachter wieder flott zu bekommen – bisher erfolglos. Auf beiden Seiten des Kanals stauen sich Schiffe. Knapp 200 stecken der dänischen Reederei Mærsk zufolge in beiden Richtungen fest. Die Türkei und auch die USA baten mittlerweile ihre Hilfe bei der Bergung des Schiffes an.

Bergungsdauer unklar

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg vom Freitag dürfte sich die Bergung über das Wochenende hinaus hinziehen. Die Arbeiten, um das Container-Frachtschiff wieder flott zu bekommen, sollen etwa eine Woche, möglicherweise auch länger dauern, berichtete die Agentur und berief sich auf namentlich nicht genannte Quellen.

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Mit Baggerschiffen wird versucht, die Ever Given wieder flott zu bekommen.
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Nach Angaben eines Vertreters der ägyptischen Regierung wiederum soll die Blockade in drei Tagen behoben sein. Die Schifffahrt auf dem Kanal zwischen Rotem Meer und Mittelmeer werde "binnen 48 bis 72 Stunden höchstens wieder aufgenommen" werden, hatte der Berater von Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi für Seehäfen, Mohab Mamisch, am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur AFP gesagt. Als ehemaliger Chef der Behörde für den Suezkanal habe er bereits mehrere Bergungsaktionen miterlebt, führte Mamisch aus. "Ich kenne jeden Zentimeter des Kanals."

Wichtige Handelsverbindung

Der 1869 eröffnete Suezkanal verkürzt die Handelsverbindung zwischen Asien und Europa und ist mittlerweile 193,3 Kilometer lang. Die Strecke von Singapur nach Rotterdam verringert sich durch den Kanal um 6.000 Kilometer gegenüber der Fahrt um das Kap der Guten Hoffnung an der südlichen Spitze Afrikas. Der Suez ist ein schleusenloser Meerwasserkanal und braucht deshalb – im Vergleich zu anderen Wasserstrassen wie etwa dem Panama-Kanal keinen ständigen Wassernachschub.

Videoaufnahmen von Mittwoch zeigen die durch das Schiff verursachte Blockade.
DER STANDARD

Durch den Kanal werden etwa 30 Prozent des weltweiten Containervolumens verschifft und etwa zwölf Prozent aller Waren. "Jeder Hafen in Westeuropa wird das merken", sagte ein Sprecher für den Hafen von Rotterdam, der größte in Europa. Besonders betroffen dürften Russland und Saudi-Arabien sein, die beiden Staaten, die am meisten Öl durch den Kanal schicken. Indien und China seien dagegen die größten Importeure, teilten Analysten von Vortexa mit. "Das wird uns noch mindestens ein, zwei Monate auf Trab halten", sagte auch der Lieferketten-Experte Joachim Schaut vom Logistikdienstleister DB Schenker. Der Schaden sei enorm. Wenn die Schiffe den Suezkanal dann wieder passieren können, dürfte es an den Häfen zu Staus kommen.

Milliarden-Umsatz für Ägypten

Die Blockade des Suezkanals ließ zeitweilig den Ölpreis ansteigen. Laut Bundesverband der Deutschen Industrie sind bereits internationale Logistik-Turbulenzen zu spüren. Zentrale Lieferketten drohen demnach aufgrund mangelnder Container, unpünktlicher Schiffe und fehlender Transportkapazität ins Stocken zu geraten. Die Reederei-Riesen Maersk und Hapag-Lloyd teilten mit, sie prüften nun den Umweg ihrer Schiffe um das Kap der Guten Hoffnung, was bis zu einer Woche länger dauert.

Europas größter Versicherer Allianz geht in einer Studie davon aus, dass eine anhaltende Blockade des Suezkanals jede Woche 6 bis 10 Mrd. Dollar (5 bis 8,5 Mrd. Euro) kosten würde. Schon die Unterbrechungen der Lieferketten seit Anfang des Jahres durch Engpässe etwa bei Containern oder Halbleitern könnten das Wachstum im Handel deutlich bremsen, heißt es in der Untersuchung.

Die aktuelle Blockade sei nun der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe. Die Lieferzeiten seien daher momentan länger als im Pandemiejahr 2020.

Im Internet hat der Zwischenfall unterdessen eine Welle an Scherzen und Memes ausgelöst.

Für Erheiterung sorgten auch Aufzeichnungen des Tracking-Dienstleisters Vesselfinder. Sie zeigen Manöver der MV Ever Given vor der Blockade des Kanals. Die Fahrspuren erinnern dabei an einen Penis und zwei Hoden. Wie der "Spiegel" berichtet, sagt ein Sprecher des Frachters, dass es sich dabei wohl um "puren Zufall" handle. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Schiffe herummäandern, bevor sie in den Kanal einfahren.

Ägypten erzielte aus den Durchfahrtsrechten durch den Suezkanal im vergangenen Jahr einen Erlös von umgerechnet 4,2 Milliarden Euro. 2020 passierten fast 19.000 Schiffe die Wasserstraße. Seit der Verstaatlichung im Jahr 1956 gehört der Kanal der Suez Canal Authority. Sie ist für Betrieb, die Wartung, Reparatur und Erweiterung des Kanals und die Sicherheit des Verkehrs verantwortlich. Die Gebühren für die Benutzung sind der Plattform "Veus Shipping" zufolge die drittwichtigste Einnahmequelle Ägyptens. (APA, red, 26.3.2021)