Der redaktionelle Artikel mit dem Titel "Alte Goldkette verkaufen und kassieren" ist Ende Oktober 2020 in "Oe24" erschienen und verstößt laut Presserat gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse.

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Der Österreichische Presserat sieht – auf den Hinweis eines Lesers hin – nicht gekennzeichnete Werbung für einen Edelmetallhändler in der Gratiszeitung "Oe24". Der redaktionelle Artikel mit dem Titel "Alte Goldkette verkaufen und kassieren" ist Ende Oktober 2020 in "Oe24" erschienen und verstoße gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse, der Unterscheidbarkeit von Werbung verlangt und Einflussnahme auf redaktionelle Inhalte verbietet. "Oe24" beteiligte sich nicht an dem Verfahren vor dem Presserat.

"Aufgefordert zum Verkauf"

Der Artikel berichtete über den hohen Goldpreis für Altgold und merkte an, dass man Goldschmuck und anderes Gold bequem beim Edelmetallhändler Philoro verkaufen könne. Er verwies auf die Webseite des Händlers und einen dort verfügbaren Altgoldrechner. "Abschließend werden die Leserinnen und Leser dazu aufgefordert, sich für den Verkauf zu entscheiden, das Altgold bei Philoro abzuliefern und dafür das Geld zu erhalten", resümiert der Presserat am Freitag in einer Aussendung. Der Leser verwies auch auf ein Inserat von Philoro neben dem Artikel.

Philoro inseriert regelmäßig in Medien der Fellner-Mediengruppe. Philoro-Chef Rudolf Brenner hat in der Sonntagsbeilage "Österreich am Sonntag" eine Gastkolumne unter dem Titel "Geld-Analyse" auf der Wirtschaftsseite. Auf "oe24.at" gibt es unter "oe24.at/philoro" einen eigenen, redaktionell wirkenden Bereich für Philoro. Solche Bereiche stehen in der Seitennavigation unter "Sonderthema".

Presserat: "Könnte aus Werbebroschüre stammen"

Der Beitrag in "Oe24" ist nach dem Befund des Presserats-Senats in Layout und Schriftbild wie ein redaktioneller Artikel gestaltet. Leserinnen und Leser müssten "zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen unterscheiden können". Der Senat betont zudem: "Auch wenn eine Werbung allein aus Gefälligkeit erbracht wird, ist sie als solche zu kennzeichnen."

Die Goldhandelsfirma werde im Artikel mehrmals genannt und "durchwegs positiv und völlig unkritisch dargestellt", urteilt der Presserats-Senat: "Sowohl im Vorspann wie auch am Ende des Artikels sollen die Leserinnen und Leser dazu motiviert werden, ihr Altgold bei Philoro zu verkaufen. Darüber hinaus wird die Webseite des Unternehmens angeführt, um weitere Informationen zu erhalten. Nach Ansicht des Senats könnte der vorliegende Beitrag auch aus einer Werbebroschüre stammen." Als weiteres Indiz für eine "Einflussnahme von außen beim Verfassen des Beitrags" sieht der Senat das ganzseitige Inserat neben dem Artikel.

Der Beitrag wurde nach Meinung des Senats "von der Redaktion nicht unabhängig aufbereitet", lässt der Presserat am Freitag verlauten. Eine Kennzeichnung als "Werbung", "Anzeige" oder dergleichen hätte nach seiner Ansicht "erfolgen müssen". Der Presserat: "Im Ergebnis wurde die aus medienethischer Sicht erforderliche Unterscheidbarkeit zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten im Sinne der Punkte 3 und 4 des Ehrenkodex hier missachtet. Die Medieninhaberin von 'Oe24' wird aufgefordert, über den festgestellten Ethikverstoß freiwillig zu berichten."

"Journalistische Distanz"

Derselbe Leser hatte den Presserat auf einen weiteren Beitrag mit dem Philoro-Firmenchef und einem Inserat des Unternehmens unmittelbar daneben hingewiesen. Der Presserat : "Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Redaktion nicht die erforderliche journalistische Distanz zur Firma Philoro einhält."

Der Presserat betont in seiner Aussendung: "Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbstständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin der Rubrik 'Business € Live' von 'Oe24' hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht." (red, 26.3.2021)