Das Flüchtlingslager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos: Die Aufnahme von Menschen, die hier leben, fordern mittlerweile zahlreiche Lokalpolitiker aller Couleurs.

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Dieter Egger, FPÖ-Bürgermeister von Hohenems, ist einer von ihnen. "Die Österreichische Bundesregierung möge ihre Haltung überdenken und Flüchtlinge – insbesondere Frauen, Kinder und ältere Menschen – aus den menschenunwürdigen Flüchtlingslagern in Griechenland und Bosnien aufnehmen. Wir sind überzeugt, dass die Vorarlberger und die österreichischen Städte und Gemeinden ihre humanitäre Verantwortung wahrnehmen und die Bundesregierung bei dieser Aufgabe unterstützen. Gemeinsam können wir helfen", heißt es in der Petition.

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Die Liste von Bürgermeistern, die sich für die Aufnahme von Geflüchteten aus den griechischen Flüchtlingscamps, aber auch aus bosnischen Lagern aussprechen, wird länger. Unter dem Titel "Die Flüchtlingssituation, die uns betrifft – helfen statt wegschauen" lanciert Dieter Egger (FPÖ), Bürgermeister von Hohenems in Vorarlberg, eine Petition zur Aufnahme geflüchteter Menschen aus Griechenland und Bosnien.

"Wir Städte und Gemeinden sind bereit, unseren Beitrag für eine humanitäre Lösung beizutragen und Kinder und Frauen aus diesen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Und wir richten den dringenden Appell an die österreichische Bundesregierung, ihre ablehnende Haltung zu überdenken und in Österreich Flüchtlinge aufzunehmen."

Alle Bürgermeister-Parteien dabei

Zentral abgestimmt wurde über den Vorstoß zwar nicht – nicht alle Vorarlberger Ortschefs dürften überhaupt Kenntnis davon haben. Dennoch sind bereits einige andere Bürgermeister an Bord, und zwar aller in Vorarlberg auf Bürgermeisterebene vertretenen Couleurs: Unterstützt wird der Vorstoß Eggers, der sich damit natürlich deutlich gegen die blaue Parteilinie stellt, auch vom Grünen Frank Matt aus Lochau, den SPÖ-Bürgermeistern Martin Staudinger (Hard) und Georg Bucher (Bürs) sowie von ÖVP-Bürgermeister Kurt Fischer aus Lustenau, in dessen Gemeinde es auch schon seit längerem einen Gemeinderatsbeschluss für die Aufnahme gibt.

"Hilfe vor Ort" derzeit nicht möglich

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spricht sich ja bekanntlich klar gegen die Aufnahme von Geflüchteten aus. Viel wichtiger sei die "Hilfe vor Ort", konkret wurde kurz vor Weihnachten bekanntgegeben, dass die Bundesregierung eine SOS-Kinderdorf-Betreuungsstätte für geflüchtete Kinder auf Lesbos finanzieren will. Hier kam es diese Woche allerdings zu einem erneuten Rückschlag: Corona-bedingt liegt die Betreuung der Kinder auf Eis, derzeit darf niemand das Camp Kara Tepe II auf der griechischen Ägäis-Insel verlassen. Das Angebot, 50 bis 100 Kinder in Österreich unterzubringen, sei laut SOS-Kinderdorf noch immer aufrecht.

Kurioser FPÖ-Politiker

Dass sich ausgerechnet ein FPÖ-Politiker für die Aufnahme von Geflüchteten ausspricht, ist zwar kurios, im Falle von Egger aber nichts Neues. Er, der 2009 mit einem antisemitischen Sager noch für das Ende der schwarz-blauen Zusammenarbeit in der Landesregierung sorgte, hat sich schon seit längerem von der Parteilinie verabschiedet. Vergangenen Oktober ließ Egger bereits wissen, dass er Menschen aus griechischen Lagern aufnehmen würde, das sei eine Selbstverständlichkeit.

EU-Lösung gefordert

Nun folgt mit der Petition die konkrete Aufforderung an die Regierung. "Es ist klar, dass wir nicht uneingeschränkt Menschen aus aller Welt in Europa aufnehmen können. Wegschauen ist aber auch keine Lösung", heißt es darin. Die Haltung der türkis-grünen Regierung sei "nicht tolerierbar und unerträglich". Sie wird nicht nur zur Aufnahme von Menschen aufgefordert, sondern auch dazu, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass alle Mitgliedsstaaten Menschen aus den Flüchtlingslagern in Griechenland und Bosnien aufnehmen und diese gerecht verteilt werden.

Der aktuelle Appell aus Vorarlberg reiht sich ein in Forderungen der Zivilgesellschaft, der katholischen Kirche und auch von anderen (ÖVP-)Bürgermeistern. (Lara Hagen, 26.3.2021)